Turbulente Wochen beim Kaufmann

Hamburgs Einzelhandel droht der Arbeitskampf: Die Gewerkschaft Verdi kündigt mehrtägige Streiks für die kommende Woche an. Besonders freut die Arbeitnehmervertreter die hohe Kampfbereitschaft der Beschäftigten

Die Zeichen stehen auf Streik: Geschieht heute in Rheinland-Pfalz nicht noch ein Wunder, und die dortigen Einzelhändler legen ein Tarifangebot mit Signalwirkung vor, geht in der kommenden Woche im Hamburger Einzelhandel der Arbeitskampf los. Das zumindest war gestern aus der hiesigen Zentrale der Gewerkschaft Verdi zu vernehmen. Mit der nun beendeten Warnstreikphase sei der erste Beschluss der Tarifkommission umgesetzt worden, sagt Verdi-Verhandlungsführer Ulrich Meinecke. „Ab nächste Woche gehen wir in die nächste Phase der mehrtägigen Streiks.“

Gestern hatte die Gewerkschaft nochmals zu Aktionen aufgerufen. In sechs Toom-Märkten in Winterhude und den Walddörfern, Altona, Billstedt, Osdorf und Tonndorf waren die Mitarbeiter in den Morgenstunden zu Warnstreiks aufgerufen. 160 Beschäftigte beteiligten sich nach Verdi-Angaben an der Aktion. Eingeleitet worden waren die Warnstreiks in der vergangenen Woche mit einem Paukenschlag: Alle Kaufhäuser in der Hamburger Innenstadt wurden für zwei Stunden lahm gelegt – eine Premiere in der Gewerkschaftsgeschichte.

Bei Verdi geht man davon aus, dass in der diesjährigen Tarifrunde für die 56.000 Beschäftigten des hiesigen Einzelhandels die gesetzten Ziele nicht mit ein paar Warn- oder befristeten Tagesstreiks erreicht werden dürften. Es ist zwar traditionell üblich, dass die Arbeitgeber auf die Tarifforderungen der Gewerkschaft stets mit Gegenforderungen reagieren, etwa der Kürzung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder von Gratifikationen. Diesmal gehen sie jedoch aus Arbeitnehmersicht ans Eingemachte: Im Gegenzug zu den geforderten fünf Prozent mehr Gehalt – mindestens aber 100 Euro – fordern sie die Streichung sämtlicher Spät- und Nachtzuschläge. Zudem haben sie den Manteltarifvertrag gekündigt, in dem die Rahmenbedingungen für die Arbeit im Einzelhandel geregelt sind.

Daher hat Verdi die Beschäftigten bereits frühzeitig zu Urabstimmungen aufgerufen, um sich ein Votum auch für mehrtägige Arbeitskampfmaßnahmen in den Betrieben zu sichern. Offenbar mit Erfolg: Von den Mitarbeitern, die in neun Karstadt-Kaufhäusern, beim Otto-Versand, in zwei Kaufhof-Filialen sowie in zahlreichen Filialen diverser Supermarktketten zur Urne gingen, stimmten 90,76 Prozent für mehrtägige Streiks. „Wir sind sehr zufrieden über die Beteiligung an den Warnstreiks“, sagt Ulrich Meinecke. Die Bereitschaft der Mitglieder sei größer gewesen als erwartet. Außerdem habe die Gewerkschaft studieren können, wie sich die Arbeitgeber auf den Arbeitskampf einstellen. Sie habe damit, so Meinecke, „nützliche Informationen für unsere Planungen sammeln können“. KAI VON APPEN.