Das volljährige Filmfestival

PRESSEKONFERENZ Am Dienstag stellte Festivalleiter Torsten Neumann das Programm und den Trailer des 18. Oldenburger Filmfests vor, das vom 14. bis 18. September stattfindet . Passend zum Alter ist das Erwachsenwerden ein Leitmotiv

VON WILFRIED HIPPEN

Sie bewegt sich rückwärts durch Oldenburg. Im diesjährigen Trailer vom Oldenburger Filmfest, der ab heute bundesweit in 40 Kinos gezeigt wird, spaziert eine geheimnisvolle Fremde durch die Stadt, in der scheinbar alles rückwärts läuft. Ganz so geheimnisvoll ist sie für Kenner des Festivals allerdings nicht. Deborah Kara Unger, die Jurypräsidentin vom letzten Jahr und Freundin des Festivals, spendiert hier einen kleinen, sicher unbezahlten Auftritt. Einfach hat es ihr der Festivalleiter Torsten Neumann, der in diesem Jahr endlich einmal selber die Regie bei einem der von ihm so ambitioniert produzierten Trailer führt, nicht gemacht. Da alle Aufnahmen rückwärts, also vom Ende zum Anfang hin abgespielt werden, musste sie sich ständig zeitenverkehrt bewegen, damit es im Film dann so aussieht, sie gehe als einzige nach vorne. Einmal hilft ihr der Oberbürgermeister Gerd Schwandner, ebenfalls rückwärts, in ihre Jacke und macht so überdeutlich, dass hier neben der filmtechnischen Spielerei, in der Hitchcocks „Vertigo“ und „Vom Winde verweht“ zitiert werden, auch die Kulturpolitik der Stadt kritisiert wird.

Im letzten Jahr hatte es drastische Kürzungen der städtischen Förderungsmittel gegeben, die inzwischen zumindest zur Hälfte zurückgenommen wurden. Zu den deshalb fehlenden 23.000 Euro kommt noch die Halbierung der Sponsorengelder von der EWG AG, die deshalb in einer eher komischen Umbenennung vom „Haupt-“ zum „Premiumsponsor“ degradiert wurde. Aber so dramatisch wie im Vorjahr, als Neumann bei der Pressekonferenz durchaus ernsthaft die Existenzfrage stellte, ist es jetzt nicht mehr. Stattdessen soll möglichst unauffällig gespart werden. So wird es weniger Filme in weniger Vorführungen geben und die Programmschiene mit Dokumentarfilmen fällt ganz weg.

Passend zum 18. Jahr des Festivals werden eine ganze Reihe von so genannten „Coming of Age“ Filmen im Programm sein. Darunter auch „The Way“ von Emilio Esteviez. Neben dessen Vater Martin Sheen spielt Deborah Kara Unger eine Hauptrolle. Man kann sich denken, wie und warum dieser Film nach Oldenburg kam. Vorgestellt wird er übrigens am Freitag den 16. 9. im Rahmen einer Galapremiere in der Lambertikirche im Stadtzentrum. Das Festival ist bekannt für seine ungewöhnlichen Spielstätten und Kooperationen. So werden auch in diesem Jahr wieder einige Filme in der JVA, dem Gefängnis der Stadt gezeigt, wobei das Publikum wieder zur Hälfte aus Häftlingen und zur Hälfte aus Festivalgästen bestehen wird.

Neu ist die Kooperation mit dem Horst-Janssen Museum, in dem eine Fotoausstellung von Roger Fritz gezeigt wird. Dem deutschen Schauspieler, Filmemacher und Fotografen, der die Jugendzeitschrift „Twen“ gründete und 1966 mit dem Film „Mädchen Mädchen“ reüssierte, wird der diesjährige Tribute gewidmet. Eine Retrospektive wird es auch wieder geben, aber Torsten Neumann konnte oder wollte den so geehrten Filmkünstler noch nicht nennen.

Jurypräsident wird in diesem Jahr ein weiterer alter Freund des Festivals sein. Der amerikanische Schauspieler und Regisseur Matthew Modine war einer der ersten internationalen Gäste des Festivals und stellte 1999 dort seine eigene Regiearbeit „Going South“ vor. Diesmal bringt er seinen neuen Kurzfilm mit dem vielversprechenden Titel „Jesus was a Commie“ mit.

Auch den Titel des Eröffnungsfilms, der am Mittwoch den 14. 9. zum ersten Mal im Rahmen einer Gala in der EWE-Arena gezeigt wird, hielt Neumann noch geheim. Stattdessen machte er auf den Fernsehfilm „Eiserne Hochzeit“ neugierig, der in der OLB Bank (mit Knast und Bank gibt es eine schöne Symmetrie der Spielstätten) gezeigt wird, und in dem Inger Nilsson mitspielt, die Darstellerin der Pippi Langstrumpf in der Spielfilmserie aus den 60er Jahren. Torsten Neumann war kurz davor, die kleine Anarchistin zur Schutzheiligen des Festivals zu erklären, denn im 18. Jahr droht es erwachsen zu werden, und das wäre fatal für Oldenburg.