Landesfirmen stehn beim Strom auf billig

Wann wechseln Berlins öffentliche Unternehmen zu alternativen Stromerzeugern? Vorläufig gar nicht – für sie zählt vor allem der Preis. Manche – wie die BSR oder die Wasserbetriebe – produzieren aber selbst umweltfreundliche Energie

Der Preis macht die Musik – auch bei der Energiepolitik vieler öffentlicher Unternehmen des Landes Berlin. Trotz Klimawandel und AKW-Pannen bei Vattenfall sehen beispielsweise die Wohnungsbaugesellschaft Degewo, die Wasserbetriebe und die BSR keinen Grund, ihren Stromlieferanten zu wechseln – aber auch keine rechtliche Möglichkeit. Trotzdem leisten einige einen Beitrag zum Klimaschutz.

Die Pannen in den AKWs Krümmel und Brunsbüttel hatten auch in Berlin eine energiepolitische Debatte entfacht. Eine große Koalition aus SPD, Linker, FDP und Grünen äußerte heftige Kritik an dem Atomkonzern; Energie- und Umweltexperten jeder Couleur überlegen lautstark, die Verträge für die Energieversorgung öffentlicher Gebäude an einen anderen Wettbewerber zu vergeben (taz berichtete).

Juristisch betrachtet sind diese Forderungen aber schwer umzusetzen: Nach EU-Vergaberecht sind öffentliche Einrichtungen verpflichtet, ihren Strombedarf in einem öffentlichen Bieterwettbewerb auszuschreiben. Von diesem darf kein Energiekonzern ausgeschlossen werden – alles andere verstieße gegen das EU-Diskriminierungsverbot. In der europaweiten Ausschreibung bekommt so immer der Stromanbieter mit dem günstigsten Angebot auch den Zuschlag – die billig produzierenden Großkonzerne sind da natürlich im Vorteil.

So verwundert es nicht, dass Vattenfall auch der Degewo-Gruppe – mit 70.000 verwalteten Wohnungen das größte Wohnungsbauunternehmen der Stadt – nach jetziger Vertragslage noch bis 2008 den Strom liefert: In einer öffentlichen Ausschreibung habe Vattenfall den günstigsten Preis geboten, sagt Degewo-Sprecherin Erika Kröber. Zu der Wohnungsbaugesellschaft gehören unter anderem die riesigen Siedlungen an der Brunnenstraße im Wedding und die Gropiusstadt in Neukölln. Über den jährlichen Strombedarf des Unternehmens konnte Kröber keine Angaben machen.

Etwas anders wickeln die Berliner Wasserbetriebe (BWB) ihre Energieversorgung ab: In einem internen Qualifizierungsverfahren habe das Unternehmen vier Anbieter – unter anderem auch Vattenfall – vor allem unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit ausgewählt, berichtet Eike Krüger, Sprecher der BWB. Zu tagesaktuellen Preisen kaufe man den Strom von den vier Anbietern ein. „Bei einem jährlichen Bedarf von rund 300 Gigawattstunden kann es keinen wichtigeren Gesichtspunkt als den Preis geben“, sagt Krüger. Zusätzlich verweist der Unternehmenssprecher auf die eigenen Blockheizkraftwerke, die jährlich 50 Gigawattstunden umweltfreundlichen Strom selbst produzierten, beispielsweise durch die Verbrennung von Klärschlamm.

Mit einem jährlichen Bedarf von etwa 50 Gigawattstunden sind die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) ein eher kleiner Stromabnehmer. Auch in diesem Fall habe, so Unternehmenssprecherin Sabine Thümler, Vattenfall in einer öffentlichen Ausschreibung das günstigste Angebot gemacht. „Durch den festen und langfristigen Vertrag mit dem Konzern“, sagt Thümler, „kommt kein Wechsel nach aktuellen Gesichtspunkten in Frage“. Die BSR leisteten allerdings einen „eigenen Beitrag zum Klimaschutz“, erklärt die Sprecherin. Durch Müllverbrennungsanlagen und Gaserzeugung in Deponien produziere das Unternehmen etwa die siebenfache Menge des eigenen Stromverbrauchs – über den Umweg des Kraftwerks Reuter in Spandau. Weil man Ersatzbrennstoffe für Primärenergieträger wie Öl oder Kohle bereitstelle, erläutert die Sprecherin, stelle die BSR sogar „grünen Strom“ her. Außerdem habe man auf einigen Gebäudedächern Photovoltaikanlagen eingerichtet, die Strom in das öffentliche Netz einspeisten. CATALIN GAGIU