Blass, aber zielstrebig

Der neue „Präsident der Eurozone“ soll er werden: Herman Van Rompuy. Flame, Christdemokrat, 63 Jahre alt. So haben es Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy beschlossen.

Aber eigentlich ist dieser Beschluss gar kein Beschluss. Die Macht, die Merkel und Sarkozy ihm jetzt verleihen wollen – die hat sich Van Rompuy nämlich längst selbst genommen. Zuletzt war dies im Juli zu beobachten, als er die Euro-Regierungschefs zu ihrem Gipfel nach Brüssel zitierte. Neu ist nur, dass aus dieser Eigeninitiative jetzt Routine wird: Zweimal im Jahr soll Van Rompuy zu einem Treffen der Euro-Regierungen laden.

Auch sonst bedeutet das neue Amt keinen wirklichen Aufstieg für Van Rompuy. Er ist bereits „Präsident des europäischen Rates“ – da ist es kaum eine Steigerung, dass er zudem als „Präsident der Eurozone“ firmieren soll. Damit hat sich nur geklärt, dass er einen Konkurrenten weniger hat. Der Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker, Ministerpräsident aus Luxemburg, ist deklassiert.

Van Rompuy mag blass und zierlich aussehen, aber es fehlt ihm nicht an Durchsetzungskraft. Er ist einer der erfolgreichsten Politiker Belgiens. So war er von 1993 bis 1999 Finanzminister und setzte in dieser Zeit einen Sparkurs um, der noch immer als Vorbild für die jetzt verschuldeten Euroländer zitiert wird. Ab Dezember 2008 war er dann Premierminister – eigentlich „wider Willen“, wie damals viele Zeitungen titelten. Nach permanenten Regierungskrisen musste jemand das vakante Amt füllen. Van Rompuy hatte Erfolg. Das Land beruhigte sich – bis er Ende 2009 zur EU wechselte.

In Belgien gilt Van Rompuy als Intellektueller, was auch an seiner Homepage liegt. Denn neben dem üblichen Lebenslauf und den letzten Pressemeldungen finden sich dort auch Kuriosa: So gibt es Buchempfehlungen, „goldene Sprüche“ sowie eine eigene Haiku-Abteilung.

Der letzte Spruch stammt von Februar und zitiert den römischen Dichter Seneca: „Wenn ein Mann nicht weiß, auf welchen Hafen er zusteuert, dann ist kein Wind günstig.“ Dieses Problem hat Van Rompuy nicht. Sein Wind trägt ihn immer in die höchsten Ämter. ULRIKE HERRMANN