Die DKP kämpft Tag und Nacht

WAHLPROGRAMME (3) Die DKP hält die von Rot-Rot angekündigte „Rekommunalisierung“ öffentlicher Betriebe angesichts der Regierungspolitik für einen Witz. Aber selber Lokalpolitik machen, das wollen die Kommunisten eigentlich nicht

■ „Die sind allen anderen voraus“ von Detlef Kuhlbrodt (12. 8.) über die CDU: Das 100-Punkte-Programm der CDU zur Berlinwahl ist käuflich am Kiosk zu erwerben. Man liest es wie einen Roman und stellt fest, dass die Zeit der Dämonisierungen vorbei ist.

■ „Die Arbeit kommt zuerst“ von Cord Riechelmann (5. 8.) zum SPD-Programm: Die SPD träumt weiter den Traum von der Vollbeschäftigung. Damit spricht sie aber nicht alle an.

VON JÖRG SUNDERMEIER

In Berlin steigen die Mieten. „Da müssen wir ran“, sagen die Grünen. Die Linken vermuten hinter der Steigerung ein obskures „Wild-West“. Und selbst die CDU beschwert sich über zu hohe Mieten. Doch wenn es darum geht, die konkreten Gründe für die Mietzinsentwicklung zu nennen, sind sie sehr zurückhaltend.

Die Berliner DKP dagegen nimmt in ihrem Wahlprogramm kein Blatt vor den Mund: „Die Einwohnerzahl Berlins steigt, die Haushaltsgrößen schrumpfen, und statt Wohnungen zu erschwinglichen Mieten werden Luxuswohnungen mit entsprechenden Renditeerwartungen gebaut. Die Investition in bestehende Immobilien verspricht den Investoren angesichts der Wohnraumverknappung steigende Mieten und somit steigende Profite. Die Regierenden in Berlin unterstützen diese Politik aktiv: Seit 1990 wurden 230.000 Wohnungen privatisiert. Wenn die Führung der Linken zusammen mit der SPD sich jetzt im Wahlkampf für eine ‚Rekommunalisierung‘ öffentlicher Betriebe starkmacht, entlarvt die reale Politik des SPD/Linke-Senats solche Wahlversprechen als Lüge. Fakt ist: Nie in der Geschichte Berlins wurden mehr Wohnungen privatisiert als unter dem SPD/Linke-Senat.“

Fundamentalopposition

Ähnlich entschlossen reden die Kommunisten auch über die Zustände bei der S-Bahn, über die Privatisierung der Wasserbetriebe und über die Bildungspolitik und die Lage der Auszubildenden. Und sie schreibt sich die Ziele der Antifa auf ihre Fahne: „Rassistische Wahlkampfveranstaltungen in Rathäusern, Aufmärsche militanter Neofaschisten und Brandanschläge auf linke und alternative Projekte sind die Realität im Berliner Sommer 2011. Die Rechten wollen dahin, wo sie provozieren: In alternativ, links und migrantisch geprägte Kieze wie Kreuzberg, Neukölln und den Wedding. In anderen Bezirken wie in Lichtenberg tun sie schon so, als seien sie dort zuhause. Die Polizei schützt die Faschisten und verhindert antifaschistische Gegenwehr. Der rot-rote Senat sieht dabei nicht nur zu, sondern er trägt die Verantwortung für diese Politik. Die DKP sagt: Wenn Neonazis marschieren, ist Widerstand Pflicht. Und: Sie tut, was sie sagt.“ So verkündet es die Berliner DKP auf ihrer Website. Das ist gut. Die DKP positioniert sich deutlich links von der Linken, sie macht auf Fundamentalopposition.

Das geht sogar bis in ihre Statements zur Wahl als solcher hinein: „Wir Kommunistinnen und Kommunisten haben keinerlei Illusionen darüber, was Wahlen derzeitig bewirken können. Die Voraussetzungen eines erfolgreichen Abwehrkampfes für soziale und demokratische Rechte werden nicht im Berliner Abgeordnetenhaus geschaffen, sondern in den Betrieben, in den Kiezen, Schulen und Universitäten. Nicht zu wählen heißt aber, die Kräfte zu begünstigen, die die Interessen des deutschen Kapitals vertreten.“

Schönheit der DDR

All dem mag man zustimmen, gerade wenn man sich ansieht, wie jetzt SPD und Linke gegen ihre eigene Politik wahlkämpfen, wenn man sieht, wie die Grünen bereits im Vorfeld ihre Forderungen zurücknehmen und wie andererseits die NPD doch einigermaßen großkotzig auftritt. Insofern wäre die DKP interessant für all jene, die glauben, dass sich im Augenblick eh nichts ändern lässt an den herrschenden Verhältnissen. Daher macht es auch nichts, dass die DKP nicht erklärt, wie sie die Verhältnisse ändern würde – als Fundamentalopposition wäre sie im Abgeordnetenhaus sicher eine Bereicherung der Diskussionskultur. Leider aber beharrt die DKP auf der Schönheit der DDR. Sie hat außerdem schon immer recht gehabt. Und sie befindet sich immerzu im Kampf, aus dessen Geist heraus sie ihre politischen Forderungen ableitet: „Erst im Kampf erfahren Antifaschisten, wer sich bei Blockaden auf welche Seite stellt. Erst im Kampf gegen Privatisierung erfahren die Menschen in Berlin, wem die Stadt gehört und in wessen Interesse die Berliner Staatsorgane landeseigene Betriebe führen. Kurzum: Erst der Kampf schafft die Voraussetzung dafür, die Kräfteverhältnisse zu schaffen, um den Imperialismus zu überwinden.“

Das kommt sehr breitbeinig daher und ist ein bisschen zu laut gebrüllt für eine Kleinpartei. So erweist der letzte Abschnitt dieses Wahlprogramms, dass die DKP unter ihrem Spitzenkandidaten Rainer Perschewski gar keine Lokalpolitik machen will. Sie will das ganze Land verändern, jetzt und hier und sofort. Das ist löblich, doch wohl etwas mehr, als die Wählerinnen und Wähler zurzeit wollen. Weniger gefordert wäre klüger gewesen. Es ist leider das Wesen des Totalen, dass man es nicht in seine Tasche stecken kann. Das ist der DKP vielleicht sogar bekannt, es ist ihr aber schnurzegal. Schade.