Motivations-Pralinen von Santa Claus

HANDTÜCHER UND WOLLDECKEN Auch zu Weihnachten beglücken viele Firmen ihre Mitarbeiter mit Geschenken. Das ist schön, aber die Arbeitsbedingungen verbessern sich dadurch nicht. Außerdem sind die Gaben mit Arbeitgeber-Logo prima Werbeträger, die die Corporate Identity auch in der Freizeit sicherstellen

VON JOACHIM GÖRES

2010 gab es für jeden Lichtblick-Mitarbeiter ein Handtuch zu Weihnachten, 2012 eine Wolldecke, 2013 ein internetfähiges Radio. Für dieses Jahr will der Ökostromanbieter aus Hamburg das im Schnitt 50 Euro teure Weihnachtsgeschenk, das jeder der 440 Beschäftigten bekommt, noch nicht verraten, denn die Mitarbeiter sollen es nicht vor der Weihnachtsfeier erfahren.

„Mit dem Weihnachtsgeschenk kann sich das Unternehmen beim Mitarbeiter für seinen Einsatz bedanken“, sagt Unternehmenssprecherin Katinka Königstein. Auch zu anderen Anlässen verteilt Lichtblick Mitarbeitergeschenke – zum Geburtstag einen Zehn-Euro-Gutschein, zum Zehnjährigen einen Koffer.

Doch Weihnachten ist nicht nur bei Lichtblick Anlass, der Belegschaft Wertschätzung zu zeigen und langjährigen Geschäftspartnern eine kleine Aufmerksamkeit zu erweisen: 3,44 Milliarden Euro haben deutsche Unternehmen im vergangenen Jahr für Präsente ausgegeben. Das meiste Geld wird in Büroartikel und Textilien investiert, die mit Logo bzw. Namen des Auftraggebers versehen werden.

„Werbeträger Nummer eins ist immer noch der Kugelschreiber“, sagt Patrick Politze, Präsident des Gesamtverbandes der Werbeartikelwirtschaft. 87 Prozent aller Unternehmen ab 250 Mitarbeitern nutzen nach seinen Angaben solche Artikel, bei Firmen bis zu neun Beschäftigten sind es 45 Prozent. Dabei werden vor allem Geschenke im Wert von maximal zehn Euro eingesetzt, um zum Beispiel bei Messen oder in Einkaufszentren auf sich aufmerksam zu machen. Wertvollere Gegenstände gehen eher an Geschäftspartner oder Mitarbeiter.

„Das Marktvolumen ist in den letzten zehn Jahren gestiegen“, sagt Politze. Viele Markenfirmen wie Kahla Porzellan, Niederegger Marzipan oder Moleskine Notizbücher sind Hersteller solcher Geschenke, die teilweise speziell im Kundenauftrag angefertigt werden und im Handel nicht erhältlich sind.

Bei der Hanseatischen Chocoladen GmbH Bremen gibt es sogar eine eigene Abteilung mit sechs Mitarbeitern, die sich für die Hausmarken Hachez und Feodora nur um dieses Geschäft kümmern. „Das ist innerhalb des Unternehmens ein kleiner Bereich, der wächst“, sagt Abteilungsleiter Volker Ernst.

Die Mindestabnahmemenge liegt bei 250 kleinen Täfelchen mit dem Logo des Kunden für 30 Cent das Stück – die werden dann zum Beispiel von Hotels als Betthupferl an die Gäste oder bei Geschäftseröffnungen an die Kunden verteilt.

Die Lufthansa gehört mit Aufträgen von über 400.000 Geschenkpackungen zu den Großen unter den 3.000 Werbekunden der Chocoladen GmbH. „Auf der Rückseite steht immer unser Name. So werden die Empfänger auf unsere Marke aufmerksam, wovon wir dauerhaft profitieren“, sagt Abteilungsleiter Ernst. Zum Angebot zählt auch eine Holzkiste mit verschiedenen Hachez-Sorten und einer Flasche Wein für 30 Euro. „Solche aufwändigeren Präsente werden vor allem zu Weihnachten an gute Geschäftskunden verschickt“, so Ernst. Geschenke ab 35 Euro sind seltener, denn sie müssen bei der Steuer angegeben werden.

Für Pelikan aus Hannover wiederum ist die Fertigung von Kugelschreibern und Füllhaltern mit Werbeaufdruck mittlerweile ein wichtiges Standbein. „Wir profitieren nicht nur vom zusätzlichen Verkauf, sondern dieses Geschäft ist auch für unser Image gut“, sagt Clemens Jäckel, für den Vertrieb der Pelikan-Werbeartikel zuständig.

Für einige kleinere Firmen gehört die Herstellung von Geschenkartikeln zum Hauptgeschäft. „Darauf entfallen 90 Prozent unseres Gesamtumsatzes“, sagt Mathias Fritsche, Geschäftsführer der Nature Balance GmbH aus dem niedersächsischen Reeßum bei Ottersberg. Sie kann pro Tag bis zu 200.000 Samenbomben herstellen – kleine Samenkugeln, die sich bei Gartenfreunden großer Beliebtheit erfreuen.

Zu den Kunden zählen die Bahn, Nationalparks, der DGB, Autohändler, Spielcasinos oder Red Bull. Sie alle hoffen auf ein besseres Image durch die kostenlose Weitergabe des Saatgutes aus biologischem Anbau, das sie pro Stück 66 Cent kostet.

Geschenke als besondere Anerkennung für verdiente Mitarbeiter, sogenannte Incentives, beurteilt der Gründer des Mindmarketing Institutes, Rolf Söder, in einem Interview mit der Fachzeitschrift Dedica kritisch: „Stäbe von Personalern denken sich immer neue Belohnungen aus, um die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter akzeptabel zu halten. Besser wäre es, darüber nachzudenken, wie Aufgaben und Abläufe so gestaltet werden können, dass Mitarbeiter zufrieden sind und die Motivation erhalten bleibt.“

Klaus Rosenberger, Vorsitzender des Arbeitskreises Werbemittel, vermeidet das Wort „Geschenk“ bewusst: „Auf den Artikeln stehen Botschaften, die kostenlos weitergegeben werden und Aufmerksamkeit erzeugen.“ So sind letztlich auch die Lichtblick-Mitarbeiter kostenlose Werbeträger, wenn sie ihr Handtuch am Strand oder ihre Wolldecke im Park ausbreiten. Denn diese Weihnachtsgeschenke tragen natürlich das Logo ihres Arbeitgebers.