Polizeikessel ohne Folgen

ILLEGALE FESTNAHMEN

Stundenlang im Kessel oder in Gewahrsam auf der Wache – dass die Polizei Menschen einfach so festsetzt, kommt vor allem nach Demonstrationen häufig vor. Ebenso regelmäßig wird das von Gerichten als rechtswidrig verurteilt – denn ohne richterlichen Beschluss ist es Freiheitsberaubung.

Schadenersatz billigen deutsche Richter allerdings recht selten zu, dabei hoffen Kritiker schon lange, dies könnte ein vielleicht wirksames, abschreckendes Mittel sein, um diese illegale Praxis der Polizei in Zukunft zu unterbinden.

Am Mittwoch kam es zu zwei solcher Urteile über Schadenersatz in Lüneburg und Bremen: Abgewiesen wurde die Klage von fünf CastorgegnerInnen auf Schadenersatz in Höhe von 800 bis 1.000 Euro am Landgericht Lüneburg. Es ging um den „Harlinger Kessel“, bei dem 2011 im Wendland 1.400 Menschen nach einer Schienenblockade zumeist ohne richterlichen Beschluss im Freien über mehrere Stunden von der Polizei festgehalten wurden.

„Rechtswidrig“, klar, urteilte dann also das Landgericht, allerdings sei diese Feststellung allein schon eine „hinreichende Genugtuung“ und Schadenersatz daher nicht nötig.

Das Landgericht Bremen hatte dies bei einem Antifaschisten noch anders gesehen, der 2011 nach einer Demo gegen einen NPD-Aufmarsch für vier Stunden auf der Wache gefangen war, auch ohne Richter und auch, nachdem er seinen Ausweis bereits gezeigt hatte, er also für Befragungen auch hätte geladen werden können.

100 Euro Schadenersatz sprach ihm das Gericht dafür zu – sein Anwalt Sven Sommerfeldt klagte weiter: Auf 2.500 Euro. „Es soll wehtun“, sagte Sommerfeldt. Nun lehnte das Oberlandesgericht am Mittwoch die Berufung ab.

Weil es für die Polizei keine Folgen habe, wenn sie sich rechtswidrig verhält, benutze sie Gewahrsam „immer wieder als Bestrafungsinstrument“, sagt Ulrike Donat vom Republikanischen Anwaltsverein in Hamburg. Das aber sei nicht verhältnismäßig: „Wenn Caroline von Monaco sich beleidigt fühlt, bekommt sie 100.000 Euro“, sagt Donat, „wenn mir unrechtmäßig die Freiheit entzogen wird, bekomme ich nichts.“  JPB