taz-Themen

Internetzensur und Turbo-Abi

■ betr.: „Vermummungsverbot im Internet?“, Streit der Woche, sonntaz vom 13./14. 8. 11

Leute müssen dafür geradestehen, auch und gerade Rechtsradikale. Sicherheitsbehörden und Großkonzerne müssen sich natürlich die Frage gefallen lassen, inwiefern sie die Daten nutzen. Wenn Arbeitgeber wirklich vorher das Internet filzen, um an andere Daten zu kommen, weil sie den Infos aus dem Bewerbungsbogen nicht trauen, dann ist von vornherein ein Misstrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer da. Zum Staat: Auch der wird irgendwann daran gemessen, wie frei oder eben freiheitsunterdrückend er wirklich ist. Der Analogist, taz.de

■ betr.: „Vermummungsverbot im Internet?“, Streit der Woche, sonntaz vom 13./14. 8. 11

„Wer jede Frage damit beantwortet, das Internet sei nicht zu regulieren […]“, schreibt Herr Uhl in der taz.

Herr Uhl, bitte ganz kurz aufpassen: Die Antwort ist nicht: „Das Internet ist nicht zu regulieren“, sondern: „Das Internet soll nicht noch stärker reguliert werden.“ Ebenso wenig wie etwa der Straßenverkehr, die Briefpost, der Bahnverkehr – sind das etwa alles „rechtsfreie Räume“, weil dort Menschen herumlaufen können, ohne ihren Ausweis vorzuzeigen? Menschen, die auch Flugblätter verteilen und Plakate kleben können? Arno Nyhm, taz.de

■ betr.: „Vermummungsverbot im Internet?“, Streit der Woche, sonntaz vom 13./14. 8. 11

Da rechte und konservative Politik repressiv ist, diskutiert sie nicht gerne, sondern „lebt“ vom höchsten demokratisch verschleierten Dekret. Es gibt also nichts Heuchlerischeres, als einen Liberalen oder Konservativen, der von „Freiheit“ redet, weil er sie sabotiert und boykottiert, was das Zeug hält, immer und überall. Die katholische Kirche hat noch einen Index verbotener Bücher. Sie hat auch Dogmen, die man glauben muss. Die Unfehlbarkeit des Papstes, eines Menschen wohlgemerkt, ex cathedra zum Beispiel. Also Katholiken halten von der Freiheit nicht viel und haben davon nie viel gehalten. Sie werfen sie einfach weg. Dr. rer. Nat. Harald Wenk, taz.de

■ betr.: „Vermummungsverbot im Internet?“, Streit der Woche, sonntaz vom 13./14. 8. 11

Was nützt es, bei einer Internet-Diskussion zu wissen, ob man mit Max Müller aus Hinterpfuiteufel, Inge Apfel aus Frankfurt oder Ali Akblabla aus Berlin diskutiert? Werden Argumente besser, weil sie von Ali Akblabla sind? Werden Standpunkte plötzlich sinnvoller, weil sie aus Frankfurt gepostet werden? Kann sich ein Mensch aus München vorstellen, was für ein Mensch Inge Apfel ist? Ganz ehrlich: Ich bezweifle es. Was genau soll eine Klarnamen-Pflicht (Was ist der Klarname überhaupt? Geburtsname, Name, unter dem Freunde einen kennen, Kosename?) im Internet bringen? Ob jetzt ein bekennender Rechtsradikaler seinen Namen unter die Hetze setzt oder nicht, ändert relativ wenig. Die Einzigen, denen eine solche Ausweispflicht etwas nutzt, sind die, die unsere Namen schon haben und verknüpfen können. Also Sicherheitsbehörden und Großkonzerne. Die Frage ist aber: Möchte ich, dass der Staat ein genaues Profil darüber anlegen kann, was ich jemals gesagt habe? Tsaimath, taz.de

■ betr.: „Vermummungsverbot im Internet?“, taz v. 13./14. 8. 11

Bei Twitter gelesen: Wenn #Klarnamen zur Pflicht werden … darf man dann trotzdem der #CDU und der #FDP anonym Geld spenden? Das gilt natürlich auch für die CSU. Sie haben Angst vor dem Internet, weil das Medium hochdemokratisch sein kann. Darum versuchen sie alles, um die Stimmen verstummen zu lassen, die auf die Anonymität des Internets angewiesen sind. Sie wollen zerstören, was sie nicht kontrollieren können. Karlheinz Schreiber, taz.de

■ betr.: „Vermummungsverbot im Internet?“, taz v. 13./14. 8. 11

Wenn wir uns, um in der taz einen Leserkommentar zu schreiben, mit Perso über eine Webcam vorstellen müssen, ziehen wir auf amerikanische Seiten um. Wir kennen die blödsinnige Diskussion schon um die Altersverifikation von Erotikseiten, sprich: Jugendschutz. Wenn ich Hardcore-Pornos sehen will, wie weise ich nach, dass ich schon 18 bin? Auf amerikanischen Seiten: Durch einen Klick „Yes, I’m 18 or older“, und schon ist man drin. Seeräuberjens, taz.de

■ betr.: „Schadet das Turbo-Abi den Kindern?“, taz.de vom 16. 8. 11

Das Turbo-Abi schadet wahrscheinlich nicht den Kindern. Es gibt bestimmt Heranwachsende, die von der gestrafften Effizienzorientierung profitieren: diejenigen SchülerInnen, deren sozial-ökonomisches Umfeld es ihnen gestattet, sich auf die Schule zu konzentrieren. Das Turbo-Abi trägt dazu bei, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass sie den Wohlstand ihres Umfeldes in ihrem Leben fortsetzen. Deshalb, weil solche SchülerInnen dem wachsenden Druck potenziell eher gerecht werden können als solche, die mit finanziellen Sorgen ihrer Eltern und ihren Folgeerscheinungen (Sorgen um die eigene Zukunft, soziale Stigmatisierung und Ausgrenzung, Beeinträchtigung der Entfaltungsmöglichkeiten) konfrontiert sind. Dadurch macht das Turbo-Abi die Gräben der Ungleichheit tiefer.

Doch auch für solche, die sich in einer auf globale Wettbewerbsorientierung gestrafften Konkurrenz- und Erwartungsdimension in der Schule gut einrichten können, bleibt zu fragen, wie oberflächlich und nachhaltig ihr Profit ist. Oberflächlich könnte dieser Profit deshalb sein, weil er sich auf das Haben bezieht und ein verarmtes Sein zurücklässt. Eine immer größerer Zahl an Menschen scheint diese Oberflächlichkeit dem Profit seine Nachhaltigkeit zu nehmen: dafür spricht die steigende Zahl und der wachsende Stellenwert von Depressionen und „Burn-out“-Phänomenen. Sei es für individuelles Wohlbefinden, gleichberechtigte Gesellschaft oder das Staatssystem (Gesundheits-, Sozial- und Steuersystem): Ich denke, das Turbo-Abi geht auf Kosten all dessen. TOBIAS HEIMANNS, Korschenbroich

■ betr.: „Schadet das Turbo-Abi den Kindern?“, taz.de vom 16. 8. 11

13 Jahre Schule ist doch etwas zu lange. Meine Partnerin hat Ihr Abi nach 12 Schuljahren absolviert und ich habe nach der 10. meine zweijährige Berufsausbildung begonnen, haltet Euch fest, ich musste mit 16 Jahren voll arbeiten (schon in der Lehre) und mit 17 dann im durchgängigen Schichtbereich, auch Nachtschicht, und ich sage Euch, ich habe es überlebt. Habe Mami und Papi nicht mit 19, 20 oder 21 noch auf der Tasche gelegen. Aber gut, manche Eltern finden es toll, wenn ihre Sprösslinge in dem Alter noch zu Hause sind. Bis vielleicht 22 auf der Penne, danach Bund, ach nee, den haben wir ja abgeschafft, guut, dann studieren wir bis 30, 35, mit 40 denken wir mal vorsichtig ans Anschaffen von einem Kind, aber nur eins, sonst könnte man überfordert sein, realisieren tun wir das dann aber als junges Elternpaar oder vielleicht als alleinstehende junge Mutti mit 45 Jahren. nachgedacht, taz.de

■ betr.: „Schadet das Turbo-Abi den Kindern?“, taz.de vom 16. 8. 11

Als Mutter zweier Kinder, die in zwei verschiedenen Bundesländern zur Schule gehen müssen, staune ich immer wieder über die Unfähigkeit des bundesrepublikanischen Standard-Bildungssystems: Wir haben 16 Bundesländer, 16 Kultusminister, darunter auch einen unter Plagiatsverdacht stehenden, 16 sehr verschiedene und natürlich für jedes Bundesland total richtige Curricula, viele genervte Eltern und noch mehr genervte und gestresste Schüler. Zieht man in Zeiten globalisierter Arbeitsmärkte auch nur von einem Bundesland in das andere, kann es passieren, dass Kinder Klassen wiederholen müssen, weil Bedingungsfaktoren nicht übereinstimmen oder Sprachen nicht passen. Ich beantrage, 15 Kultusminister zu entlassen, die Schulbehörden radikal zu verschlanken, den Schulen mehr Geld und Kompetenzen zu geben, das damit eingesparte Geld direkt den Schulen zur Verfügung zu stellen für moderne Medien, Räume und Projekte. Vielleicht erlebe ich ja noch, dass so viel Geld, wie es in die Rettung von Banken oder maroder Staaten gesteckt worden ist, in das deutsche Schul- und Bildungssystem fließt. Das wäre das Paradies! Unsere Schulen wären lebendige, bunte Treibhäuser der Zukunft. Vicky, taz.de

Der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl hatte die wenig originelle Idee, die Zensur im Internet auszuweiten.

Ein „Vermummungsverbot“ im Internet und Vorratsdatenspeicherung seien nötige Instrumente zur Täterermittlung bei Verbrechen.

Er hält das für eine logische Schlussfolgerung aus dem Massaker in Norwegen. Dessen Täter wurde allerdings noch am Tatort festgenommen.

Die sonntaz vom vergangenen Wochenende griff das Thema als Streitfrage auf, bis heute wird sie auf taz.de weiterdiskutiert.

Schon am Dienstag stellte taz.de die Frage nach dem Sinn des Turbo-Abos, das in 12 statt 13 Jahren erreicht werden soll.

Die sonntaz zieht in dieser Ausgabe auf Seite 18 für die Printausgabe nach. Und wir veröffentlichen vorauseilend ein paar Meinungen von Online-LeserInnen dazu.