Aufschwung jetzt langsamer

Nach Ansicht von BA-Chef Weise wird die Zahl der Arbeitslosen jetzt nicht mehr so schnell zurückgehen – weil die gut Qualifizierten mittlerweile Jobs gefunden haben

NÜRNBERG dpa ■ Nach Monaten des rasanten Aufschwungs am Arbeitsmarkt rechnet die Bundesagentur für Arbeit (BA) künftig mit einem geringeren Tempo beim Abbau der Erwerbslosigkeit. Von der positiven Entwicklung hätten bislang vorwiegend leicht vermittelbare Kurzzeitarbeitslose profitiert. Diese hätten häufig ohne weiteres eine neue Stelle gefunden. Schwieriger sei es jedoch, die gering qualifizierten Langzeitarbeitslosen in Arbeit zu bringen, sagte der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, am Dienstag in Nürnberg.

Im Juli war die Arbeitslosigkeit in Deutschland trotz der üblichen Sommerflaute nur geringfügig gestiegen. Sie lag damit auf dem niedrigsten Juli-Stand seit zwölf Jahren. Eine geringere Juli-Arbeitslosigkeit hatte es zuletzt im Sommer 1995 gegeben. Nach BA-Angaben waren im Juli 3.715.000 Männer und Frauen ohne Arbeit.

Das waren zwar 28.000 mehr als im Juni, aber 671.000 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote nahm um 0,1 Punkte auf 8,9 Prozent zu. Vor einem Jahr hatte sie noch bei 10,5 Prozent gelegen.

Nach Weises Schätzungen gehören von den rund 2,4 Arbeitslosengeld-II-Beziehern rund die Hälfte zur Gruppe der schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen. 400.000 bis 500.000 davon seien schon seit mehreren Jahren keiner regulären Arbeit mehr nachgegangen. Bei dieser Gruppe sei eine Integration in den Arbeitsmarkt nur in kleinen Schritten möglich. Nach Angaben von BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker wächst inzwischen bei manchen Arbeitgebern die Bereitschaft, auch Langzeitarbeitslose einzustellen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sprach sich für eine verbesserte Aus- und Fortbildung von Langzeitarbeitslosen aus. Die gute Konjunktur schafft nach Ansicht des DGB die „große Chance, den Sockel verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Angesichts der weiterhin hohen Arbeitslosigkeit stoßen auch Vorschläge für eine stärkere Öffnung des Arbeitsmarkts für Ausländer bei der Bundesagentur auf Zurückhaltung. „Bevor wir weitere Menschen einladen, zu uns zu kommen, sollte erst einmal versucht werden, in Deutschland lebende Arbeitslose auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen“, sagte BA-Chef Weise. Auch der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Peter Ramsauer, hält eine Öffnung des Arbeitsmarktes für verfrüht.

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) forderte die Wirtschaft dazu auf, arbeitslose Jugendliche einzustellen. Auch in diesem Jahr habe der Juli „schubartig“ etwa 60.000 junge Menschen neu auf den Arbeitsmarkt gebracht. „Die meisten von ihnen sind einsatzfähig und suchen Ausbildung oder Arbeit – da können die Unternehmen, wenn sie wollen, zugreifen.“