Verfolgte Unschuld

LOLITA-AFFÄRE Boetticher „schwer enttäuscht“ von CDU: Schleswig-Holstenis Ex-CDU-Chef fühlt sich als Opfer einer „öffentlichen Hinrichtung“. Mehrheit der Deutschen hält Rücktritt für richtig

„Ich fühle mich wie Dr. Kimble auf der Flucht.“

Ex-CDU-Chef von Boetticher

Wenige Tage nach seinem Rücktritt hat der frühere schleswig-holsteinische CDU-Chef Christian von Boetticher Vorwürfe gegen die eigene Partei erhoben. In verschiedenen Interviews beklagt er seine „öffentliche Hinrichtung“ im Zusammenhang mit der Affäre um seine frühere Beziehung zu einer 16-Jährigen Schülerin. „Ich habe ein großes Maß an Illoyalität erlebt und bin mit Blick auf die eigene Partei schwer enttäuscht“, sagte von Boetticher in einem Interview der Bild am Sonntag.

Der 40-Jährige war in der vergangenen Woche vom Partei- und Fraktionsvorsitz der Landes-CDU zurückgetreten. Über seine Verbindung zu der Minderjährigen sagte er der Bild am Sonntag: „Die Beziehung zu der Frau hat nichts mit einem Lolita-Effekt zu tun.“ Sie sei ihm aufgefallen, weil sie als Mitglied der Jungen Union sehr intelligente Kommentare auf seiner Facebook-Seite geschrieben habe. Er habe sie zuerst auf Mitte 20 geschätzt.

Auch das Verhalten von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen, seinem langjährigen Mentor, kritisiert von Boetticher: „Der hat leider den Eindruck erweckt, ich sei ein politischer Autist, weil ich nicht begriffen hätte, dass meine Zeit als Spitzenkandidat abgelaufen war. Dabei habe ich die Sache selber in die Hand genommen.“

Boetticher fühlt sich von den Medien verfolgt. „Für mich war das eine öffentliche Hinrichtung auf Basis moralischer Wertungen“, sagte von Boetticher dem Nachrichtenmagazin Focus. Er verstecke sich seit Tagen an geheimen Orten. „Ich fühle mich wie Dr. Kimble auf der Flucht.“

Boettichers Rücktritt wird nach einer repräsentativen Umfrage für Bild am Sonntag mehrheitlich begrüßt. 62 Prozent halten diese Konsequenz für richtig. 26 Prozent finden sie falsch. Bei der Frage, ob die Liebesbeziehung verwerflich gewesen sei, ist die Meinung geteilt: Eine Mehrheit der Frauen (45:42) und der Jüngeren (58:35) hält die Affäre für verwerflich, bei den Männern (46:48) und den Älteren (27:54) ist es umgekehrt. (dpa)