Gegen die Wand

AUS ZDF und Markus Lanz schieben das Ende von „Wetten, dass ..?“ auf den Zeitgeist – dabei war es ihr Versagen

Es gibt wenig, was in den vergangenen 33 Jahren spießiger geworden ist. „Wetten, dass..?“ gehört dazu

VON JÜRN KRUSE

„Ich weiß, Sie hängen an dieser Sendung“, sagte Markus Lanz zu Beginn der letzten Episode von „Wetten, dass..?“: „Ich tu es auch.“ Und dann nutzte der Gastgeber die folgenden dreieinhalb Stunden in Nürnberg dazu, auch dem Letzten zu beweisen, dass es sich nicht lohnt, an diesem „Wetten, dass..?“ zu hängen.

Seit im April bekannt gegeben worden war, dass die Show nun enden würde, stricken Lanz, die ZDF-Verantwortlichen und einige Show-Größen an der gleichen Erzählung, die da lautet: Keiner konnte „Wetten, dass..?“ retten, der Zeitgeist habe halt gegen die Sendung gestanden. „Das deutsche Umfeld ist besonders kritisch“, ließ ZDF-Intendant Thomas Bellut via Bild am Sonntag verbreiten. Lanz hatte schon im April gesagt, dass die Show „im Moment wahrscheinlich nicht mehr so richtig“ in die Zeit passe: „Die Zeit ist doch ein bisschen kalt geworden, vielleicht kann man’s so sagen.“

Jaja, die Zeit, das Schicksal, die Kälte. Was willste machen? Vielleicht kann man’s so sagen. Vielleicht aber auch nicht.

Auf die Idee, eine bessere Show abzuliefern, kamen jedenfalls weder Lanz noch das ZDF – auch nicht in der letzten Ausgabe. Und so luden sie all diejenigen ein, die man eh schon zu häufig im Fernsehen sieht: Otto Walkes, Katarina Witt, Elton, Bully Herbig, Jan Josef Liefers. Und alle erzählten noch mal, wie das damals so war mit „Wetten, dass..?“. Kurze Zusammenfassung: Schlafanzug, Salzstangen, ganze Familie, auch Oma. „Die gute alte Zeit“, sagte Lanz.

Wenn es einen Preis für den falschen Spruch zur falschen Zeit geben würde, Lanz stünde Jahr für Jahr auf der Shortlist. Als er den ehemaligen Skirennläufer Hermann Maier zum Tanzen mit ein paar Cheerleadern animieren wollte, sagte Lanz: „Hermann, komm, du willst es doch auch.“ Als der siebenjährige Paul Hunde daran erkannte, wie sie ihm Leberwurst von der Hand schleckten, sagte Lanz: „Leonardo DiCaprio kann das auch, aber mit Models.“ Und als der bei „Wetten, dass..?“ einst schwer verunglückte Samuel Koch auf die Bühne kam, die Zuschauer klatschten und aufstanden, fiel Lanz der brillante Satz ein: „Menschen stehen auf.“

Kochs Auftritt war aber tatsächlich das Bemerkenswerteste an diesem Abend, nicht weil er so rührselig war, sondern weil er die Lanz’sche Bräsigkeit offenbarte. Frage: „Wie geht es dir heute?“ Antwort: „Das hast du schon mal gefragt, wie es mir geht. Eigentlich ganz okay. Und selber?“

Es ist ärgerlich, wenn der Gast schlagfertiger ist als der Moderator. Aber es gibt Showmaster, die das für die Sendung zu nutzen wissen – und es gibt Lanz. Der macht einfach weiter.

So hielt es auch das ZDF. Die Entscheidung, Lanz zu verpflichten, sowie die Entscheidung, Lanz trotz unterwältigender Auftritte zu halten, waren Entschlüsse für Augen-zu-und-durch. Bis man gegen die Wand lief. Und nun beendet man einfach den ganzen „schönen, verrückten Kindergeburtstag“ (Lanz über „Wetten, dass..?“). Eine Erneuerung der Show hat man sich schlicht nicht getraut.

Dabei wirft ein solcher Abend wie der gestrige mit seinen vielen Rückblicken das Licht auf das, woran „Wetten, dass..?“ wirklich krankte: Es war zu bieder geworden. Wo einst Cher mit zu knapper Bekleidung und nahezu freiem Blick auf ihren Po für ein Skandälchen sorgte, tritt diesmal eine Barbie im Hosenanzug namens Helene Fischer auf. Es gibt wenig, was in den vergangenen 33 Jahren spießiger geworden ist. „Wetten, dass..?“ gehört dazu. Und bei diesem Kindergeburtstag des Grauens dem langweiligsten Schüler die Partyplanung überzuhelfen war der endgültige Partykiller.

Ach so, es gab natürlich auch diesmal wieder Wetten. Die spielten aber eine ebenso unbedeutende Nebenrolle wie in den Sendungen zuvor. Aber was soll’s, dafür durfte Helene Fischer nicht nur singen, sondern auch aufs Sofa und ihre neue Show promoten. Die läuft am ersten Weihnachtstag. Im ZDF.