ortstermin: im total exklusiven community-konzert der band „revolverheld“
: Nicht ohne mein Mobiltelefon

In der Reihe „Ortstermin“ besuchen Autoren der taz nord ausgewählte Schauplätze am Rande des Nachrichtenstroms

Vor dem Eingang zur Sternwarte in Hamburg-Bergedorf trägt eine Gruppe junger Damen im Alter von 14 bis 16 Jahren den finalen Lidstrich auf. Was das hier alles kostet? „Nichts!“, behaupten sie. Die Karten habe man nur gewinnen können; und zwar in der T-Mobile Community im Internet. Ob die Mädels da aus purem Interesse an der nämlichen Telefongesellschaft Mitglieder seien? Na ja, eher aus Interesse an diesem Konzert: Die Rockband „Revolverheld“, so ganz umsonst, das kann man doch mal mitnehmen! Und das Beste ist: „Wir haben uns alle vier beworben und alle vier gewonnen. Cooler Zufall, oder?“ Ja, in der Tat.

Ein Pärchen, das mit seinen etwa zwei Mal 30 Jahren den hiesigen Altersdurchschnitt um ein Beträchtliches heben dürfte, will wenig Auskunft zu seiner Mitgliedschaft in der Community geben. „Wir haben über eine Zeitschrift gewonnen“, geben die beiden schließlich nach einigem Herumdrucksen zu. Aha, so ging es also auch.

Ob Community oder nicht: Jeder Konzertbesucher hat ein digitales Ticket bekommen: via SMS auf sein Handy. Diese innovative High-Tech-Kuriosität muss dann am Eingang über einen Scanner gehalten werden, so ähnlich wie die Milch an der Supermarktkasse. Hier darf das der Begleiter eines Pressevertreters sogar selbst machen – aber nur, damit ein schönes Foto gestellt werden kann. Sein Ticket ist da schon längst von der freundlichen T-Mobile-Mitarbeiterin gescannt worden. Weniger freundlich sieht der Himmel aus, weshalb die Telekom jedem Veranstaltungsteilnehmer einen schicken rosa Regenponcho spendiert. Leider in Kindergröße.

Wer sich ohnehin einen Platz auf der Gästeliste erschlichen hat, bekommt am Eingang zwei rosa Getränkegutscheinmarken. Eine Pressevertreterin möchte eines der angebotenen Mixgetränke bestellen. Der einzige Longdrink ohne Red Bull drin – ist ja schließlich auch rosafarben – ist Sekt auf Eis. Die Mixgetränke kosten 5,50 Euro, ein Getränkechip ist nur 3 Euro wert. Wieder was dazu gelernt.

Das Konzert selbst beginnt dann pünktlich um Viertel vor neun, nachdem auf diversen Flächen auf dem Gelände T-Mobile-Spots gezeigt wurden. Auch eines der Observatorien wird rosa eingefärbt. „Chaos in der Sternwarte“ ist der Titel dieses besonderen Events, pardon, Konzerts, auf dem leider besonders wenig Stimmung aufkommen will. Immerhin: Die Band macht ihre Sache ordentlich. Je später es wird, desto lockerer geben sich die Zuschauer, es wird ein wenig geschunkelt und sogar gehüpft. Aber Chaos geht anders.

Nach dem Konzert sind manche begeistert („Geiles Konzert!“), andere erleichtert („Meine Güte, das war vielleicht laut!“). Ob in den magentafarbenen Service Centern von T-Mobile jetzt mit massenhaft eingehenden Neukundenanträgen gerechnet werden muss? OLIVER WASSE