Morbus Machtverlust

PAIRING-ABKOMMEN Christian von Boetticher will bei der Landtagssitzung fehlen, damit hat die CDU keine Mehrheit. Jetzt müssen die Grünen entscheiden, ob sie zum Ausgleich auch auf eine Stimme verzichten

„Wir sind fair, aber nicht blöd“

MONIKA HEINOLD, GRÜNE

Morbus Machtverlust oder ein Fall von christdemokratischer Allergie? Offiziell wird die Krankheit wohl anders heißen, an der Christian von Boetticher von Mittwoch bis Freitag zu leiden gedenkt. Jedenfalls wird der bisherige Fraktionsvorsitzende der CDU in Schleswig-Holstein nicht an der Parlamentssitzung teilnehmen, die in dieser Zeit stattfindet.

Das sagte gestern der „persönliche Sprecher“ und Medienberater des Politikers, der über seine Beziehung zu einer 16-Jährigen stolperte und alle Ämter abgeben musste, als der öffentliche Druck zu stark wurde. Sein Landtagsmandat hatte von Boetticher behalten, „aus Verantwortungsgefühl“ gegenüber der schwarz-gelben Koalition, die nur eine Stimme Mehrheit hat. Jetzt müssen die Grünen entscheiden, ob sie zum Ausgleich auch auf eine Stimme verzichten.

Grundsätzlich hatten sie zu Beginn der Legislaturperiode erklärt, sie würden sich an dieses Pairing genannte Fairnessabkommen halten. Ob und inwieweit das für diese Situation gilt, müsse „immer neu bewertet werden“, sagte Monika Heinold, parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion. „Wir sind fair, aber nicht blöd.“ Der Sprecher von Boettichers hatte zuvor erklärt, der Abgeordnete werde „die Voraussetzungen erfüllen, dass das Pairing-Abkommen halten kann“.

Die aktuelle Lage sei für den gestürzten Politiker „psychisch sicher eine Ausnahmesituation“, sagte Heinold. Darum sei die Fraktion „grundsätzlich für diese Sitzung bereit, eine Krankmeldung von Christian von Boetticher zu akzeptieren“. Ein „Durchwurschteln“ bis zur Landtagswahl im Mai 2012 würden die Grünen aber nicht decken. „Es ist die Aufgabe der CDU, ihre Probleme zu klären und es ist die Pflicht von von Boetticher, das Mandat auszuüben, das ihm die Bevölkerung gegeben hat – oder es zurück zu geben“, so Heinold. Das würde aufgrund der rechtlich bedenklichen Zusammensetzung des Parlaments vermutlich sofortige Neuwahlen nach sich ziehen. EST