PEGIDA. FABIAN MACHT DAS DEPRIMIERT. DABEI KANN ES AB JETZT NUR NOCH BESSER WERDEN
: Jetzt wisst ihr, dass ihr ein Problem habt

JACINTA NANDI

Mein Kumpel Fabian war deprimiert, während der WM 2010. Weil Deutschland zu patriotisch war. Er schüttelte traurig den Kopf und sagte: „Sogar die Türken haben deutsche Flaggen aufgehängt! Es macht mich so deprimiert!“

Ich fand’s süß, dass er deprimiert war.

„Ach komm, Fabian“, sagte ich. „Wärst du nicht stolz, wenn Deutschland gewinnt? Man darf ein bisschen stolz sein, weißt du.“

Fabian guckte mich verständnislos an.

„Warum sollte ich dann stolz sein?“, fragte er. „Was habe ich erreicht, wenn elf Jungs auf ’nem Fußballplatz Tore schießen? Warum sollte ich überhaupt auf dieses Land stolz sein? Das ist nur ein Stück Erde, auf dem ich zufälligerweise geboren worden bin.“

Ich blinzelte. Für mich war das eine revolutionäre Idee. Dass es nur Zufall ist, wo wir geboren werden, und dass wir das Land, in dem wir geboren werden, nicht mehr lieben sollen als jedes andere.

Man sagt zwar immer, dass die Deutschen nicht patriotisch sein dürfen, wegen der Geschichte und so. Aber dass ist nicht richtig, denn dabei berücksichtigt man nicht, dass die Menschen in anderen Ländern patriotisch sein müssen. Es ist ein Paradox, dass die Sache in Deutschland, auf die man am meisten stolz sein soll,die Tatsache ist, dass man in Deutschland nicht auf sein Land stolz sein muss.

Kürzlich treffe ich Fabian zufällig wieder. Im Ä. Wir sitzen im Keller und betrinken uns. Er ist schon wieder deprimiert. Diesmal wegen Pegida.

„Ich habe Deutschland immer gehasst!“, sagt er. „Jetzt weiß ich, warum. Das ist ein rassistisches Land!“

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„Ja“, sage ich. Jetzt tut er mir richtig leid. Es ist ja tatsächlich total deprimierend, die Sache mit Dresden und Pegida. Ich bin oft in Dresden, die Jungs dort sind superhübsch. Fast alle Dresdner sind fickbar. Ich finde die Art, wie sie reden, unglaublich sexy. „Jorcintorrrrrrrrr!“, sagen sie immer. Süß. Schade nur, dass es offensichtlich so viele Nazi-Lights da gibt. Das sind die von Pegida, oder? Ich nehme ihre Angst nicht ernst – in Dresden wohnen wahrscheinlich mehr Jedi-Ritter als Moslems. Ihren Hass, den nehme ich ernst. Der Hass macht mir Angst.

Trotzdem denke ich, dass wir nicht so deprimiert sein sollten. Ich wohne seit 2000 in Deutschland. Ich glaube nicht, dass Deutschland jetzt rassistischer ist als damals. Im Gegenteil. 2000 habe ich mit vielen gesprochen, die sich für nicht rassistisch hielten, aber Türken und Araber scheiße fanden. Damals hat niemand über Alltagsrassismus gesprochen. Damals gab es ein Märchen über ein antirassistisches Multikultiparadies, in dem es keinen Rassismus, keine Ausländerfeindlichkeit gab. Wo aber zufälligerweise alle Ausländer und Migrationshintergrundler total scheiße waren.

Dank Sarrazin und Pegida ist dieses Märchen nun geplatzt. Jetzt wisst ihr, dass ihr ein Problem habt. Jetzt wissen wir, dass wir ein Problem haben. Ab jetzt kann alles nur noch besser werden. In der Zukunft werden wir auf ein Deutschland stolz sein können, das nicht nur Nationalstolz infrage stellt, sondern sich auch mit dem Rassismus konfrontiert hat.