IN CHARLOTTENBURG: Nicht Hugh Hefner
Am Sonntag traf ich mich mit der Prinzessin in Charlottenburg. Am Savignyplatz stürmte sie auf einen schwarzen alten Mercedes zu. So ein gut erhaltenes, blank geputztes altes Modell. Ein alter Mann versuchte eben, den Motor abzustellen und das Schiebedach hochzufahren, als sie ihn anschrie: Sie sind doch Hugh Hefner! Oder! Stimmt es, dass man 25.000 Dollar bekommt, wenn man mit ihnen vögelt und Sie dabei draufgehen?
Hehe, sagte der alte Mann. Er trug einen Anzug, rote Socken, italienische Schuhe. Er brauchte für jede kleine Handlung eine kleine Ewigkeit, und es schien, als ob er die falsche Anrede, den falschen Zusammenhang einfach überhört hatte. Aber ja, hehe, meinte er, mein Herz ist noch ganz gut. Wir könnten mal einen Rotwein zusammen trinken gehen! Es wäre mir eine Freude, Sie mal kennen zu lernen, antwortete schreiend die Prinzessin, während ich einen Blick auf das Nummernschild warf: Hugh Hefner? Berliner Kennzeichen, kein Akzent! Das ist nicht Hugh Hefner! Das ist höchstens Rolf Eden, sagte ich, und die Prinzessin: Jaha, genau, Rolf Eden! Sie sind Rolf Eden! Haben Sie eine Karte?
Wir warteten darauf, dass er endlich ausstieg. Er sah mich an und sagte: Haben Sie was dagegen, wenn ich Ihrer Gemahlin meine Karte überreiche? Nein, nein, winkte ich ab, und die Prinzessin: Wir sind nicht verheiratet! Ein netter junger Mann, antwortete er. Allmählich kam ich mir wie in einer Lottmann-Szene vor. Der alte Mann, der erst eine Kreditkarte reichen wollte, dann, „das ist ja peinlich“ murmelnd, die richtige fand, war niemals Rolf Eden. Das war irgendein Schnösel, der sich geschmeichelt fühlte und das Spielchen mitspielte. Also Karte, Abschied, wir gingen weiter. Die Prinzessin wedelte mit der erbeuteten Visitenkarte herum. Ich bat sie, mir sie endlich zu zeigen, und was stand da, schlicht und Weiß auf Blau? Rolf Eden. RENÉ HAMANN
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