Castorgegner auf dem Kieker

Beirat der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg soll erkennungsdienstlich behandelt werden. Die Polizei unterstellt ihm, dass er Straftaten begehen könnte. Bisher kriegte er höchstens ein Bußgeld

VON GERNOT KNÖDLER

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) wehrt sich gegen den Versuch, Atomkraftgegner zu kriminalisieren und einzuschüchtern. Anlass ist der Fall ihres langjährigen Pressesprechers und jetzigen Beiratsmitglieds Dieter Metk. Die Polizei will den wendländischen Castor-Gegner einer „erkennungsdienstlichen Behandlung“ unterziehen: Metk sollte Fingerabdrücke abnehmen, Fotos machen, besondere Merkmale wie Narben erfassen und Messungen über sich ergehen lassen. Metk klagte dagegen, konnte bisher aber nur erreichen, dass die Polizei auf Fingerabdrücke sowie die Messungen verzichten muss. Seine Hamburger Anwältin Ulrike Donat befürchtet, dass Metk ins Netz der internationalen Sicherheitsbehörden gerät, wenn die übrigen Daten einmal erfasst sind.

Metk ist seit vielen Jahren im Widerstand gegen ein Endlager für hoch radioaktive Abfälle in Gorleben aktiv. „Der hat mehrfach ein Verfahren gekriegt, und jedes Mal ist es eingestellt worden“, sagt seine Anwältin. Einige Verfahren sind allerdings noch offen. Erkennungsdienstlich behandelt werden soll er, weil aktuell ein Strafverfahren gegen in läuft: Beim Castor-Testtransport im Mai soll er eine Straßensperre der Polizei umfahren haben, wobei ein Polizist angeblich zur Seite springen musste. Danach habe er sich auf die Straße gelegt. Die Vorwürfe gegen ihn lauten: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Zwar steht der Ausgang des Verfahrens keineswegs fest. Allein dass es angestrengt ist, gibt der Polizei die Möglichkeit, eine erkennungsdienstliche Behandlung anzuordnen. Im Falle Metks soll sie nicht der Beweisführung dienen, sondern der Vorbeugung. Metk sei „seit 2004 regelmäßig strafrechtlich in Erscheinung getreten“, schreibt das Verwaltungsgericht Lüneburg in einem Beschluss vom Juli 2007. „Aufgrund dessen ist damit zu rechnen, dass er auch zukünftig weitere Taten begehen wird, denn es ist davon auszugehen, dass er sich auch künftig an Aktionen gegen die Atomenergie beteiligen wird.“ Bei der Prognose könnten auch die Taten berücksichtigt werden, bei denen das Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei.

In den vier Fällen seit 2004, auf die sich das Gericht bezieht, ist das Ermittlungsverfahren zweimal eingestellt worden, einmal wurde keine Anklage erhoben. Nur in einem Fall wurde gegen Melk ein Bußgeld wegen unbefugten Betretens von Bahnanlagen verhängt. Wie aktiv sich Metk am atomkritischen Widerstand beteiligt hat, geht aus einer Liste des Staatsschutzes mit dem Stand Ende 2005 hervor. 18 „Taten“ listeten die Beamten für die Jahre 1999 bis 2005 auf. Das sei alles legal gewesen und habe der Ausübung des Grundrechts auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit gedient, sagt Donat. Aus der akribischen Auflistung schließt sie: „Die haben den richtig auf dem Kieker.“

„Es kommt darauf an, warum die Strafverfahren eingestellt wurden“, sagt Kai Richter, der Sprecher der Polizeiinspektion Lübeck. Dem Vorwurf, hier solle ein kritischer Bürger schikaniert werden könne er „nur widersprechen“. Im übrigen handele es sich bei dem aktuellen Vorwurf des Blockadebrechens nicht um eine Bagatelle.

Metk habe sich stets entlang der Grenze von erlaubtem und nicht erlaubtem Protest bewegt, sagt die Anwältin Donat. Es wäre unverhältnismäßig wenn er jetzt durch eine erkennungsdienstliche Behandlung in den europaweiten Datenaustausch der Polizei geraten sollte. Andere europäische Länder hätten wesentlich laxere Datenschutzbestimmungen als Deutschland. Außerdem bestehe die Gefahr, dass die Daten an Drittländer weitergegeben würden. So könne eine Einreise in die USA unter Einschluss eines Transitfluges über einen US-amerikanischen Flughafen für Mekt unmöglich werden. Solche Daten seien zudem „nicht mehr rückholbar“. Donat versucht im Eilverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg eine erkennungsdienstliche Behandlung aufzuhalten.