KURZKRITIK: HENNING BLEYL ÜBER DAS ST. PETRUS-HAUS
: Aura? Nicht überall

Die Rückeroberung historischer Bausubstanz ist immer etwas Gutes. Zumal, wenn es sich um so zentrale Räume wie die des St. Petrus-Hauses in der Böttcherstraße handelt. Seit ihrer Fertigstellung 1927 stellten sie einen gesellschaftlichen Nukleus Bremens dar, auch nach der Bombe vom 6. Oktober 1944 – die Innenarchitekten der 50er Jahre bewiesen ähnliches ästhetisches Geschick wie die Erbauer Scotland & Runge.

Haben ihre eben fertig gewordenen gegenwärtigen Kollegen ebenso gute Arbeit geleistet? Die Antwort ist gemischt. Viele historische Elemente wie die expressionistisch angehauchte Eingangstür, die lang im Staatsarchiv lagerte, wurden wieder ein- und Hässlichkeiten der 70er Jahre ausgebaut. Doch gerade der legendäre „Goldene Saal“ ist eine Enttäuschung. Zwar ist die freigelegte Fensterfront mit ihren extrem hochformatigen Rundbogenfenstern ein Gewinn. Zwar transportieren blattvergoldete Tellerleuchter einen letzten Rest der durch mehrere Transformationen stetig dezimierten Art Déco-Herrlichkeit. Aber die Deckengestaltung raubt dem Raum einen großen Teil seiner Aura. Gut gedacht ist hier schlecht gemacht: Das sprengselige Riffelprofil, das dem Schallschutz dient, besitzt die Anmutung einer Raufasertapete – der Feindin jedes Glamours.

Selbst der Scotland-Saal, wo mit einer an Vogelers Floristik angelehnten Ausmalung ein ausstatterischer Coup gelang, leidet unter dem uninspirierten Raumabschluss. Die Decke jedoch, als atmosphärischer Mantel, prägt stets die Stimmung unter ihr. Die 1,8 Millionen Euro, vom Atlantic-Hotel als Pächterin und Sparkassen-Stiftung als Besitzerin aufgebracht, sind trotzdem gut investiert. Denn die vorherige Casino-Ausstattung der 80er war vor allem eines: Innenraum gewordenes Grauen.