Früher Jubel

Trotz Studiengebühren gibt es hohe Bewerberzahlen an Hamburgs Hochschulen. Doch die Interessenten bewerben sich mehrfach und springen wieder ab, wie Erfahrungen aus 2006 zeigen

An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften gibt es keinen Bewerberrückgang: Bewarben sich im Vorjahr 9.324 Erstsemester, waren es 2007 9.396. Die Zahl der Plätze stieg um fast 400 auf 2.061 an. 1.000 drängen zur Ökotrophologie (50 Plätze). An der TU Harburg bewarben sich 1.750 Personen auf 926 Plätze, 2006 waren es 1.597. Verdoppelt hat sich hier die Zahl der Bewerber für Energie- und Umwelttechnik.  kaj

VON KAIJA KUTTER

Anders als im Nachbarland Niedersachsen scheinen Gebühren in Hamburg keine dämpfende Wirkung auf die Nachfrage nach Studienplätzen zu haben. Diesen Schluss legen erste Bewerberzahlen nahe, die die Uni-Hamburg am Montag veröffentlichte. „Bewerbungszahlen unverändert hoch“, schrieb die Pressestelle und vermeldete sogar einen Anstieg von 23.987 Bewerbungen fürs Wintersemester gegenüber 22.782 im Vorjahr.

Besonders beliebt seien die Studiengänge Betriebswirtschaftslehre (BWL) mit 3.278 Bewerbungen auf 397 Plätze und Molecular Life Science mit 719 Bewerbungen auf 40 Plätze. Ein grobes Missverhältnis von Angebot und Nachfrage gibt es bei den Medien- und Kommunikationswissenschaften. Hier bewarben sich 2.494 Leute auf 29 Plätze. Und auch bei den Sprachwissenschaften wie Sinologie oder Japanologie und der Kunstgeschichte brummt die Nachfrage.

Für Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz ein Zeichen für die „anhaltende Attraktivität“ ihrer Hochschule. „Ich bin überzeugt, dass die ersten Verbesserungen durch Studiengebühren, wie zum Beispiel kleinere Gruppengrößen bei der BWL, zum guten Ruf unseres Studienangebots beitragen“, schrieb sie in die Pressemitteilung. Und forderte damit sofort den Widerspruch des AStA heraus. „Die Gebühren haben in den meisten Fällen keinen Einfluss auf die Betreuungsrelation, sondern fließen sekundären Maßnahmen wie Ausstattung und Service zu“, sagt Sprecher Thorsten Hönisch. Deshalb zweifelt er, dass die Gebühren zu einem „guten Ruf“ der Studiengänge beitragen.

Die hohen Bewerberzahlen seien vielmehr ein bundesweites Phänomen und darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der Plätze nicht mehr wie früher über die zentrale ZVS vergeben wird. Hönisch: „In BWL zum Beispiel müssen die Bewerber jetzt fünf, sechs, sieben Bewerbungen rausschicken, um überhaupt einen Platz zu bekommen.“ Ablesbar aus den Zahlen sei lediglich eine hohe Nachfrage auf dem Gebiet der Sprach- und Kulturwissenschaften, denen „mehr Raum“ gegeben werden müsse.

Ein Blick in die Zeitungsarchive gibt dem AStA-Sprecher Recht. So berichteten die Welt und das Abendblatt auch im August 2006 von einem Bewerberrekord. Demnach hatten sich im Sommer 2006 sogar 24.590 Frauen und Männer an der Hamburger Uni beworben. Vier Wochen später hagelte es dann aber „Absagen von Studenten“. Die Uni hatte Schwierigkeiten, ihre damals noch 6.673 Plätze in der ersten Vergaberunde zu besetzen, weil nur 2.658 den Platz wollten.

„Es ist lächerlich“, sagte die GAL-Abgeordnete Heike Opitz. „Jedes Jahr erhalten wir einen enorm hohen Numerus Clausus, weil die Leute sich an fünf Hochschulen gleichzeitig bewerben.“ Letztlich würden die Plätze dann im Nachrückverfahren vergeben. Es sei „ärgerlich“, wenn Auweter-Kurtz dies als Erfolg verkaufe. Zumal die Bewerber, wenn man von der 2006 veröffentlichen Zahl von 24.590 ausginge, sogar rückläufig seien.

Sie gehe davon aus, dass die am Montag veröffentlichten Zahlen „richtig sind“, sagt dazu Uni-Sprecherin Birgit Kruse. Sollten andere kursieren, habe es sich „vielleicht um vorläufige Zahlen gehandelt“.

Andersorts geht man vorsichtiger mit vorläufigen Daten um. Eben weil sich die Abiturienten „an vielen Stellen gleichzeitig bewerben“, werden die Bewerberzahlen von der Kieler Uni vor Ende des Zulassungsverfahrens „gar nicht kommuniziert“, sagt Sprecherin Sandra Orgiseck. Dann, im Oktober, hatten die Kieler im vorigen Jahr tatsächlich einen Trend gemerkt. Es kamen acht Prozent mehr Studenten aus dem gebührenpflichtigen Nachbarland Niedersachsen.