Dazu erst mal nichts

EU-GIPFEL Europäer verhängen neue Sanktionen gegen die Krim, doch zu Russland schweigen sie

BRÜSSEL taz | Für die wirtschaftliche Krise in seinem Land hat Präsident Vladimir Putin die Sanktionen mitverantwortlich gemacht, die die EU und die USA nach der Annexion der Krim verhängt hatten. In Brüssel aber stößt diese Behauptung, die man als Zeichen für die Wirksamkeit der Sanktionen werten kann, zunächst auf eine Mauer des Schweigens.

Obwohl die Ukraine auf der Tagesordnung des EU-Gipfels stand, der am Donnerstag begann, war die Rubelkrise kein Thema. Und in ihrer Regierungserklärung vor dem Gipfel erwähnte Kanzlerin Angela Merkel die Lage in Russland nicht.

Dabei sind deutsche Unternehmen besonders anfällig für Turbulenzen im Osten. Im Frühjahr, nach dem Beginn der Sanktionen, war das deutsche Wirtschaftswachstum spürbar eingebrochen. Und auch Frankreich und Österreich könnte die russische Krise empfindlich treffen: Banken aus beiden Ländern sind in Russland aktiv; Frankreichs Société Générale soll die größten Risiken eingegangen sein.

Grund genug also, sich um die Rubelkrise Sorgen zu machen. Die EU-Kommission schlug denn auch schon Alarm: „Niemand hat Interesse daran, dass die russische Wirtschaft in eine tiefe Depression stürzt“, sagte ein Sprecher von Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Man beobachte die Lage sehr genau.

Die Staats- und Regierungschefs hingegen, die sich Donnerstag in Brüssel trafen, konzentrieren sich weiter auf die Ukraine – und auf die Krim. Kurz vor dem Gipfel beschloss der Ministerrat neue Sanktionen gegen die von Russland annektierte Halbinsel: Europäische Firmen dürfen ab Samstag keine Immobilien, Finanzgesellschaften oder Dienstleistungsunternehmen mehr auf der Krim kaufen. Kreuzfahrtschiffe dürfen dort nicht mehr anlegen.

Druck aus den USA

Auch Putin könnte bald wieder ins Visier der Europäer geraten, denn die EU gerät unter Druck der USA. US-Präsident Barack Obama hat ein neues Gesetz angekündigt, dass auch Waffenlieferungen in die Ukraine ermöglicht. Damit bringen die Amerikaner die Europäer in Zugzwang. Mit dem neuen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk – dem polnischen Expremier – haben sie einen mächtigen Fürsprecher. Tusks erste Amtshandlung war ein Telefonat mit Obama. Beide vereinbarten, ihre Russland- und Ukrainepolitik noch enger abzustimmen als bisher. ERIC BONSE