„Konkrete Lebenswege“

FEST Der Anatolische Bildungsverein veranstaltet ein Kulturfestival, inklusive eigener Ausstellungen

■ 53, ist Vorsitzender des Anatolischen Bildungs- und Beratungszentrums „Brücke“ in der Bultstraße.

taz: Herr Tuncer, wenn der Anatolische Bildungsverein vier Tage vor Heiligabend ein Kulturfestival veranstaltet, kann man sich auf eine weihnachtsfreie Zone freuen, oder?

Rahmi Tuncer: Wir werden uns schon gegenseitig „schöne Weihnachten“ wünschen und die Kirchen sind auch eingeladen. Wir beteiligen uns übrigens auch am Nikolaus-Tag im Stadtteil – und erklären dann, dass der historische Nikolaus aus der Türkei kommt.

Neben türkischen Volksliedern, Tänzen und Gedichten beinhaltet Ihr Programm auch zwei selbst erarbeitete Ausstellungen. Eine heißt: „Wir sind die Kinder Hemelingens“. Um wen geht es genau?

Um die dritte Generation der Einwanderer – denen oft nachgesagt wird, dass sie Probleme machen würden. So, wie es auch heißt, Hemelingen sei ein Ghetto-Stadtteil mit viel Kriminalität. Deswegen zeigen wir konkrete Lebens- und Bildungswege von jungen Menschen, die in Hemelingen aufgewachsen sind. Unser erstes Kulturfest haben wir 2011 veranstaltet, zum 50. Jubiläum des Beginns der „Gastarbeiter“-Anwerbung. Da haben wir dann eine Dokumentation zur ersten Einwanderer-Generation gezeigt, 2013 zur zweiten, und jetzt sind wir bei der dritten angekommen.

Die andere Ausstellung setzt sich mit Flucht und Asyl auseinander.

Uns ist aufgefallen, dass es im Stadtteil nur wenige Kenntnisse über Fluchtgründe und so weiter gibt. Deswegen haben wir diese Dokumentation erarbeitet, die übrigens mit der Vertreibung von Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt und einen Bogen spannt zu den Flüchtlingen aus Afrika, Asien und vor allem auch aus Syrien.

Bei den angekündigten Grußworten fällt auf, das zwei Vertreter der Linkspartei und einer der SPD sprechen. Wo bleibt der Rest des politischen Spektrums?

In den Vorjahren war auch immer jemand von den Grünen dabei. Aber das hat dieses Mal aus Termingründen leider nicht geklappt. INTERVIEW: HENNING BLEYL

Samstag ab 18 Uhr im Bürgerhaus Hemelingen (Godestraße 4). Der Eintritt ist frei