DISCO & ELEKTRO
: Verrückte Positionen

Nils Schuhmacher

Interessant ging es in der vergangenen Woche zu auf der Mailingliste des Buttclubs, einem kleinen virtuellen Refugium einer irgendwie linken, irgendwie gleichzeitig auch kulturell affinen Schar. Im Normalzustand geht es auf dieser Liste eigentlich nur (noch) um Fragen der Wohnungssuche, in der eigentlich so besinnlichen Weihnachtsausnahmezeit wurden Bezieher nun Zeugen eines eruptiven Politisierungsschubs. Dafür verantwortlich waren nicht irgendwelche lästigen externen Ereignisse, sondern der Eintritt der verrückten Positionen in den eigenen Sanitärbereich. So viele Repliken hat man lange nicht gelesen und eine („Verpiss dich“) war entschlossener als die andere („trag dich bitte selber aus der Liste aus“). Wie dem auch sei, die weitreichende Nichtnutzung wird nun nicht länger beeinträchtigt und es kann sich wieder Schweigen ausbreiten. Aber, ehrlich mal: wenn schon ohne Worte auf der Buttclub-Liste und drumherum, dann bitte anders. Zum Beispiel wie Die Vögel. Irgendwo in diesem Nest zuhause, im Nebenleben auch bei einer Armee von Bands, u.a. Die Goldenen Zitronen, Ja König Ja engagiert, reüssieren sie hier wie eine an Dancefloor-Bedarfe angepasste, Techno-Beats mit Brassband mischende Disco-Version des Schwabinggradballetts. (Fr. 26. 12., 0 Uhr, Uebel & Gefaehrlich) Bei den aus London stammenden Rocket-Number-Nine handelt es sich hingegen um zwei Brüder, deren musikalische Umtriebigkeit sie ziemlich stimmig in die Nähe von Radiohead als auch von Neneh Cherry sowie des Überjazz-Festivals verschlagen hat. Auf einem soliden Breakbeat-Schlagzeug ruhen hier sphärische Keyboardflächen, die ebenfalls Akzente in allerlei Richtungen jenseits elektronischer Musik setzen. Innerhalb dieses musikalischen Referenzraums lassen sich jedenfalls „prima Klangforschung“ (Ankündigung eines Konzerts des Duos in Berlin) und die Fortsetzung des bereits in Gang gesetzten Tanzvergnügens schön und Gewinn bringend miteinander verbinden. (So., 28. 12., 22 Uhr, Pudel Club)