Rücktritt ist nicht gleich Rücktritt

MEHDORN GEHT IM STREIT

Hartmut Mehdorn hat bei seinem Rückzug nachgekartet, kritisiert und ausgeteilt

Zwei Machtmenschen, zwei Rücktrittsankündigungen, zweimal mit gesichertem Übergang: Da aber enden schon die Gemeinsamkeiten der beiden Top-Führungskräfte, die Berlin in diesen vorweihnachtlichen Tagen verliert – oder loswird, je nach Standpunkt. Denn während beim langjährigen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit mancher erst nach dessen Rücktrittsankündigung seine Begeisterung für den inzwischen 61-Jährigen entdeckte und man sich fragen konnte, wo all seine auch SPD-internen-Kritiker geblieben sind, ist das beim 72-jährigen Hartmut Mehdorn nicht zu erwarten.

Der hat unbestreitbar seine Verdienste um den BER. Als er im März 2013 kam, tat sich dort wenig. Heute spricht etwa der neue Regierende Bürgermeister Michael Müller nach seiner Premierensitzung im Flughafen-Aufsichtsrat von „wichtigen Schritten nach vorn“ und einer „greifbaren Perspektive“.

Leuten, die ihm quer kämen, würde er „Klotzkopf“ nennen, sagte Mehdorn nach seiner Rückzugsankündigung. Ein grober Klotz war er aber oft genug selbst. Jener Charme, der bei Wowereit dessen durchaus vorhandene harte Seite ausgleichen konnte, geht Mehdorn völlig ab.

Und so könnte es passieren, dass ungeachtet aller Bewegung, die er in das Projekt gebracht hat, irgendwann die Leute von einer Eröffnung „trotz Mehdorn“ reden – während der langjährige Aufsichtsratschef Wowereit, der möglicherweise manchmal nicht genau hinschaute, weit milder betrachtet wird.

Mehdorn hat bei seinem Rückzug nachgekartet, kritisiert, ausgeteilt: Mobbing habe es gegen ihn im Aufsichtsrat gegeben, sagte er. Er sah es ohnehin so, dass ihm die Politik fast fortwährend Knüppel zwischen die Beine warf. Auch Wowereit hätte Grund gehabt, sich zu beklagen, hätte in einer Brandrede jene in seiner eigenen Partei anprangern können, die ihm das Leben zusehends schwerer machten. Darauf hat er klugerweise verzichtet. Denn so kann sich Wowereit, zum Abschied mit Lob überhäuft, auf eine Karriere als lorbeerenumkränzter Elder Statesman freuen – Mehdorn hingegen dürfte nach dieser jüngsten Trennung im Zorn nicht mehr ganz so viele Türen offen stehen.

STEFAN ALBERTI