Lehrer kommen zu spät

Exlehrer der umstrittenen Novalisschule in Köpenick wollen in Brandenburg im September eine neue Schule eröffnen. Doch daraus wird nichts: Das Bildungsministerium in Potsdam verweigert Genehmigung, weil Fristen verpasst wurden

Die entlassenen Lehrer der einstigen privaten Novalisschule in Köpenick wollen in Brandenburg eine neue Schule gründen. Auf Plakaten in der Berliner S-Bahn werben die im März vor die Tür gesetzten Pädagogen um Anmeldungen für die Schule in Schöneiche. „Das Lehrerkollegium der Novalisschule wird wieder unterrichten“, heißt es darauf. Ab 3. September 2007, so verspricht es die Werbung, „auf der Grundlage der Pädagogik Rudolf Steiners“ und für Schüler der ersten bis achten Klasse. Laut Werbung können interessierte Eltern jeden Dienstag ins Gemeindehaus „Helga Hahnemann“ nach Schöneiche zum öffentlichen Informationsabend kommen.

Im März hatte der Elternverein als Träger der Novalisschule allen Lehrern gekündigt und ihnen Hausverbot erteilt. Hintergrund des bundesweit einmaligen Vorgangs war ein Streit um die Verwendung der Fördermittel und über das pädagogische Konzept der Schule. Köpenicks Bildungsstadtrat Dirk Retzlaff (SPD) sprach von einer hohen Fluktuation unter den Schülern und von riesigen Lernlücken, die sich bei ehemaligen Novalis-Schülern nach ihrer Rückkehr an staatliche Schulen auftaten. Elternvertreter hatten der taz von verbalen und körperlichen Übergriffen von Lehrern auf Schüler berichtet und von einem Pädagogen, der die Schule geleitet habe wie ein „Guru eine Sekte“.

Nach einer zweiwöchigen Zwangspause war im März der Unterricht im Köpenicker Ortsteil Friedrichshagen weitergegangen. Lediglich zwei frühere Lehrer wurden übernommen. Die anderen wurden neu eingestellt und haben in der Regel eine Waldorfausbildung. Inzwischen heißt die Schule „Hardenberg-Schule“. Durch den Konflikt hat sie trotz der Unterstützung durch die Schulbehörde eine Vielzahl von Schülern verloren. Eine Minderheit der Eltern hat sich um die entlassenen Lehrer geschart und einen neuen Verein gegründet. Sie versprechen jetzt die Schulneugründung in Schöneiche mit der alten Lehrerschaft. Diese Brandenburger Gemeinde grenzt unmittelbar an Friedrichshagen.

Doch laut Reiner Walleser vom Brandenburger Bildungsministerium in Potsdam ist die Schulgründung eine Utopie. „Eine Genehmigung für das Schuljahr 2007/2008 ist definitiv ausgeschlossen“, sagt der Büroleiter von Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD). Ein Trägerverein in Gründung habe im Frühjahr zwar eine Anfrage in Potsdam gestartet, jedoch völlig unvollständige Unterlagen eingereicht. Sollte der Verein bis September nachbessern, könne ein Genehmigungsverfahren für das Schuljahr 2009/2010 eingeleitet werden. Ohne Segen des Bildungsministeriums darf eine Privatschule keine schulpflichtigen Kinder unterrichten.

Das scheint jenen Lehrer nicht zu stören, der sich unter einer der Telefonnummern meldet, die auf den Werbeplakaten in der S-Bahn stehen. Er rechne vor allem mit Anmeldungen von ehemaligen Berlinern, die jetzt im Speckgürtel wohnen, sagte der Mann. Und er gibt sich überzeugt, dass lediglich ein paar Formalitäten zu klären seien, die sich rasch regeln ließen. Dann könne der Unterricht beginnen. Das hätte ihm sein Geschäftsführer versichert. Doch der Geschäftsführer will zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit der Presse sprechen und auch seinen Namen nicht preisgeben.

Detlef Hardorp von der Landesarbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen Berlin-Brandenburg bezeichnet die Werbung um Schüler für das neue Schuljahr als „Luftblase, die zum charismatischen Chaos dieser Truppe“ passe. Er legt Wert auf die Feststellung, dass die Novalisschule nie eine Anerkennung als Waldorfschule hatte. „Diese Truppe wird auch am neuen Standort von uns nicht anerkannt werden“, sagt er. MARINA MAI