Amazon. Eine schöne Bescherung

GESCHENKE Vorweihnachtszeit ist Amazon-Zeit. Der Onlinehändler macht das Geschäft des Jahres – auch mit Büchern. Wir haben vier junge Autorinnen des Literaturinstituts Leipzig gebeten, über den Konzern zu schreiben, der ihr Leben bestimmen könnte

■ Worum geht’s? Um 44 Cent. Die Stundenlöhne im Versandhandel liegen in der untersten Lohnklasse bei 10,66 Euro, in Logistikunternehmen bei 10,22 Euro. Die grundsätzliche Frage: Ist Amazon ein Logistiker – oder zählt der Konzern zum Versand- und Einzelhandel? Amazon betrachtet seine Versandzentren als Logistikunternehmen. Die Gewerkschaft Verdi rechnet das Unternehmen zum Versand- und Einzelhandel. Seit Mai 2013 versucht Verdi deshalb, eine Bezahlung nach Einzelhandelstarif für die knapp 10.000 Mitarbeiter in den neun deutschen Amazon-Zentren zu erwirken. Es geht auch um tarifliches Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Nachtarbeits-, Sonn- und Feiertagszuschläge. Amazon verweigert Tarifgespräche. Deshalb hat Verdi auch in dieser Woche wieder gestreikt.

■ Das sagt der Gegner: „Amazon hält nur wegen seiner antigewerkschaftlichen Position an seiner Blockadehaltung fest und lässt die Kunden dafür bezahlen“, sagt Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Der Bild sagt sie: „Was wiegt denn höher: Dass ein Päckchen pünktlich unter dem Weihnachtsbaum liegt – oder dass ein global agierendes Unternehmen auch bei uns die Rechte der Beschäftigten achtet?“

■ Das sagt Amazon: Amazon spricht von Löhnen „am oberen Rand“ der Gehaltsskala. Außerdem zahle man Boni und Weihnachtsgeld und teile Aktien zu. „Unsere Mitarbeiter würden sich mit einem Tarifvertrag gar nicht besserstellen. Wir bieten ein sehr attraktives Vergütungspaket“, sagt der Deutschland-Geschäftsführer Ralf Kleber der Bild.

■ So steht es derzeit: Verdi reklamiert für sich stetige Terraingewinne. So gibt es etwa seit Juni 2014 an allen deutschen Amazon-Zentren Betriebsräte. Amazon verspricht trotz Streiks: „Wir liefern pünktlich.“ Verdi droht, der Konzern werde „keine ruhige Minute mehr“ haben.

Prozent der Deutschen verschenken Bücher zu Weihnachten, sogar 80,8 Prozent zum Geburtstag Quelle: Börsenverein des Deutschen Buchhandels

Milliarden Euro Umsatz verbuchte der Internetbuchhandel 2013. Der gesamte Buchmarkt machte 9,5 Milliarden Euro Umsatz Quelle: Börsenverein des Deutschen Buchhandels

Arbeitskräfte hat die Post vor Weihnachten zusätzlich eingestellt, um bis zu 8 Millionen Pakete täglich zuzustellen Quelle: Deutsche Post

Rezensionen gibt es bei Amazon zu Giulia Enders’ Buch „Darm mit Charme“, dem dort meistverkauften Buch 2014 Quelle: Amazon

Euro pro Jahr gibt eine Person im hessischen Bad Soden, der Gemeinde mit der höchsten Buchkaufkraft, für Bücher aus Quelle: Börsenverein des Deutschen Buchhandels

Prozent der Frauen lesen täglich oder mehrmals in der Woche, bei den Männern sind es nur 30 Prozent Quelle: Börsenverein des Deutschen Buchhandels

■ Sie kaufen Ihre Bücher bei Amazon, weil’s halt praktisch ist, haben aber ein permanent schlechtes Gewissen? Das muss nicht sein. Wir zeigen sieben Alternativen zum Onlineshopping-Riesen: taz.de/ohneamazon