DIE DDR DES VERKEHRS
: Bahnfahren ist schön

Bahn-Bashing ist so kreativ wie Prenzlauer-Berg-Bashing

Ich habe grundsätzlich nicht gegen – und das wird man ja wohl noch sagen dürfen! – die Deutsche Bahn. Im Gegenteil, viele meiner besten Freunde fahren Bahn, und außerdem ist Bahn-Bashing ungefähr so kreativ wie Prenzlauer-Berg-Bashing oder Mario-Barth-Bashing.

Aber. Aber! Was soll der Unsinn, dass in jedem Intercity nur ein rundes Bäckerdutzend Fahrradplätze installiert sind, und die muss man auch noch reservieren, und anders geht es nicht? Hallo, grüne Republik, oder was? Ferienzeit? Geht’s noch? Da ist sie wieder, diese Unservicementalität (und an dieser Stelle schöne Grüße an die blonde Mitarbeiterin von Schalter 7, Ostbahnhof), die schon Mark Twain zu seinem Bonmot veranlasste, die DB sei „die DDR des Personenverkehrs“. Oder war das Gustav Stresemann?

Statt in einem Rutsch und in 3:33 Stunden fahre ich nach Osnabrück nun also mit Umstiegen in Magdeburg und Braunschweig in 6:44 Stunden. Kann man machen. Genau wie seinen Urlaub an einem Montagmorgen um acht Uhr in einem voll besetzten Pendlerzug zu beginnen. Ein wenig wehmütig schaue ich von der Bahntrasse hinab aufs Kater Holzig, wo am Ufer noch die Reste des Wochenendes rumhängen. Mir gegenüber sitzt ein Polizist, der ab und zu wegdöst. Ist das legitim, wenn man eine Dienstwaffe im Halfter trägt? Ist die geladen?

In Potsdam setzt sich der Polizist mit formaler Geste seine Mütze auf den Kopf und steigt aus. Der ganze Zug leert sich abrupt. Kurze Zeit später erreichen wir Werder, dort, wo die Havel am haveligsten ist, ein Ort, den ich bisher nur von den Baumblütenfestplakaten kannte und immer schon mal sehen wollte. War es also doch zu was gut, das mit den Fahrradstellplätzen.

Langsam rollt der RE 18112 aus dem Sendegebiet der Berliner Szenen. Ich lege meine Füße hoch. Bahnfahren ist schön.

MICHAEL BRAKE