Im Kaufrausch

Merchandisingartikel kennt man nicht nur in der Popmusikbranche, auch in anderen – im weitesten Sinne – Unterhaltungsbereichen hat man bereitwillig nachgezogen. Zu denen, die glauben, dass ihre Fans das Fansein mit den entsprechenden Identifikationsprodukten auch freimütig zur Schau tragen wollen, gehören Sportler, G-8-Protestler, Veranstalter von Olympischen Spielen und sonstigen Sportgroßereignissen, DDR-Nostalgiker, Städte (New York, Berlin) und natürlich Medienunternehmen wie die taz. Auch die Parteien offerieren nicht nur zu Wahlkampfzeiten diverse Fanartikel.

In Tradition, Ausmaß und Auswüchsen kommt dem Angebot für Musikfans das für Sportfans am nächsten. Auch mittelkleine Fußballvereine halten einen umfangreichen Katalog an Merchprodukten bereit. In der Bundesliga machen die Klubs einen nicht unbedeutenden Teil ihrer Umsätze mit T-Shirts, Tassen und Bettwäsche in den Vereinsfarben. 2006 waren das insgesamt etwas mehr als 100 Millionen Euro. Spitzenreiter ist natürlich der FC Bayern München, dicht gefolgt von Schalke 04.

In den USA sind alte Rockshirts inzwischen zu teuren Sammlerstücken geworden. Im New Yorker Shop What Comes Around Goes Around fand jüngst eine Ausstellung mit Tourshirts etwa von John Lennon und David Bowie aus den Sechziger- und Siebzigerjahren statt. Darunter auch ein nur für Familienmitglieder produziertes Sweatshirt der Rolling Stones: heutiger Wert schätzungsweise 10.000 Dollar. Diverse US-Hersteller liefern preiswerteren Ersatz, indem sie die Lizenzen für Originaldesigns erwerben und Nachdrucke anbieten. Die ganz billige Nummer gab’s schon bei H & M, das Ramones-Imitate für punkrockwenig Geld unters pubertierende Konsumentenvolk brachte.

Wo aber Geld zu verdienen ist, sind natürlich auch die Fälscher nicht weit. Viele Plagiate kommen aus Asien und Osteuropa auf den hiesigen Markt. Illegales Merchandising sichert freilich auch Arbeitsplätze – von Anwälten. Denn die gehen im Auftrag von Popstars gegen die gewerbliche Verbreitung von nicht lizenzierter Ware mit dem Abbild des Künstlers oder dessen Namen vor, weil diese gegen das Markenrecht und die Persönlichkeitsrechte des Künstlers verstößt. Während der 2006er-Tour von Robbie Williams wurde in mehreren deutschen Städten gefälschtes Robbie-Merch beschlagnahmt. Kein Kavaliersdelikt: Herstellung und Vertrieb gefälschter Fanartikel können mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren geahndet werden. GUNNAR LEUE