Bremen soll doch nicht klagen

Nachdem ein Gutachten des Bundes die Bremer Haushaltsnotlage bestreitet, empfiehlt Ex-Finanzsenator Volker Kröning (SPD), die Klage auszusetzen. Bremer Politiker üben lieber Kritik

von Christian Jakob

Der Streit um die Bremer Verfassungsklage auf Finanzhilfe durch den Bund geht weiter. Jetzt empfahl der Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Bremer Finanzsenator Volker Kröning, die Verfassungsklage „ruhen zu lassen“. Gegenüber Radio Bremen sagte der Parlamentarier, die Klage in Karlsruhe sei „eine Sackgasse“. Das Verfassungsgericht stelle heute andere Anforderungen für Finanzhilfen als noch zu Beginn der Neunziger Jahre. 1993 war Bremen vom Bundesverfassungsgericht eine Haushaltsnotlage bescheinigt worden.

Bremen solle sich lieber „bei den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern um neue Finanzbeziehungen ins Zeug legen und Verbündete suchen“, wird Kröning zitiert. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit unter den Ländern biete einen Ausweg. Grüne und CDU erklärten, an der Klage festhalten zu wollen.

Unterdessen bekräftigte das Bundesfinanzministerium das am Donnerstag bekannt gewordene Gutachten des Prozessbevollmächtigten des Bundes, dem Bonner Juraprofessor Christian Waldhoff. Bremen habe eine „falsche Sanierungsstrategie“ gewählt, und der „mangelnde Wille zur Haushaltskonsolidierung“ werde auch im rot-grünen Koalitionsvertrag „festgeschrieben“, so ein Ministeriumssprecher.

Die vorgesehene Bereitstellung von 25 Millionen Euro zur Anpassung der BeamtInnenbezüge an die Tarifentwicklung der anderen Länder belege, dass in Bremen „keinesfalls“ eine Haushaltsnotlage herrsche. Gleiches gelte für die Gebührenfreiheit des Erststudiums. Politiker aller Bürgerschaftsfraktionen wiesen die Vorwürfe zurück.

Waldhoffs Vergleich der Sozialausgaben Bremens mit denen Hamburgs ignoriere die hohe Arbeitslosigkeit im Lande, sagte Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD). Er verteidigte die geplante Erhöhung der BeamtInnenbezüge. Wer verkenne, dass an vielen Stellen „auf den Knochen eingespart“ werde, so Böhrnsen, sei „realitätsblind und weltfremd“.

Der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion Thomas Röwekamp verteidigte die in dem Gutachten kritisierte Nutzung von 8,5 Milliarden Euro Sanierungshilfen aus Berlin für investive Zwecke statt zur Schuldentilgung. Dies habe dem Land „boomende Häfen“ beschert. Das Gutachten bediene sich „zweifelhafter Methoden“.

Klaus-Rainer Rupp, Abgeordneter der Linken sagte, die Bremer Einnahmeverluste seien in erster Linie auf die Steuerreformen der rot-grünen Bundesregierung zurückzuführen. Die jetzt veröffentlichten Vorschläge des Bundes würden auf eine „Zerstörung des Bremer Sozialgefüges“ hinauslaufen. Nötig sei stattdessen ein „tragfähiges Entschuldungskonzept“.