Milliarden für die Stromautobahn

ENERGIEWENDE Schleswig-Holstein, Kreise und Netzbetreiber einigen sich auf schnellen Netzausbau

„Das ist ein Weltrekord“, sagte Lex Hartmann, Geschäftsführer des Stromnetzbetreibers Tennet TSO, oder vielmehr: „Es muss einer werden.“ Tennet, Konkurrent Eon Netz, die Kieler Landesregierung und mehrere Landkreise haben gestern eine Vereinbarung geschlossen, um zügig die Stromautobahnen in Schleswig-Holstein auszubauen. Es geht langfristig um 700 Kilometer neue Trassen, die die Energie von den Windparks an der Küste in die Industrie- und Metropolregionen leiten sollen. Spatenstich für eine Höchstspannungsleitung mit 380 Kilovolt (KV) an der Westküste ist für 2015 geplant. Zuleitungen mit 110 KV könnten schon vorher gebaut werden.

Um den Zeitplan zu halten, wollen die Landesministerien für Inneres, Wirtschaft und Natur die Prüf- und Planungsverfahren schnell abwickeln. Einer der Kernpunkte ist eine schnelle Bürgerbeteiligung. „Die groben Verläufe der Trassen sind klar“, so Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU). Die Details werden in Regionalkonferenzen vorgestellt, die erste ist für September geplant. Zu den Streitfragen gehört die nach Erdkabeln. Was möglich sei, müsse für jede Strecke geprüft werden, sagte Branko Rakidzija von Eon Netz. Bei 380 KV-Leitungen sind Erdkabel bisher wenig erprobt.

Während die Regierungsfraktionen CDU und FDP den Vorstoß einhellig lobten, beschäftigt die Opposition die Frage, ob die Bürgerbeteiligung tatsächlich klappt: „Wir erwarten das“, sagte Regina Poersch (SPD). Ihre Fraktion unterstütze das Vorhaben, der Zeitplan sei allerdings „ambitioniert“. Lars Harms (SSW) betonte, dass die Vorbildrolle des Landes beim Netzausbau sich auch auf die Beteiligung beziehen sollte.

Kosten wird der Netzausbau Milliarden Euro. „Wir werden sehen, ob sich die weltweiten Investoren daran beteiligen“, so Hartmann. Detlef Matthiessen von den Grünen setzt dagegen auf bürgerfinanzierte Netze: „Wir wollen, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt.“ Das steigere auch das Interesse am schnellen Ausbau. EST