Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Da ist sie endlich: Kreuzbergs neue Promenade an der Spree. Zwar ist sie nur wenige Meter lang, wirkt noch sehr aufgeräumt und dürfte im Winter Passanten schwer ins Schlittern bringen, wirkt allerdings so absurd wie schön. Denn während die Doppelkaianlage aus massiven Sandstein gewöhnungsbedürtig ist und mit dem historischen Vorbild nur so in etwa zu tun hat, freut die schmucke, rotleuchtende Signalkugel, die Ulrike Mohr erdacht hat. In abgewandelter Form ermöglichten solche Zeitbälle den Seeleuten bereits im 19. Jahrhundert weltweit , ihre Chronometer genau zu stellen. Diese hier begrüßt die vorbeifahrenden Schiffe, in dem sie, von einem Bewegungsensor ausgelöst, von zehn auf vier Meter fällt und sich langsam wieder hochkämpft. Dit is Kreuzberg. Ob rote Pappnase, ein Wink gen weite Welt oder ein antifaschistisches Wahrzeichen im harmlosen Gewandt – den Betrachtern bleibt es freigestellt, und irgendwie schwingt alles ein bißchen mit. Das ewige Auf und Ab ist jedenfalls von der Oberbaumbrücke, der S-Bahn auf der gegenüberliegenden Seite der Spree und wahrscheinlich gar von der O2-Arena zu sehen und öffnet so den Blick für das Drumherum. Herrlich absurd ging es auch am Samstag bei der Wiedereröffnung des Hauses der Berliner Festspiele zu, als Frieder Butzmann das Publikum vor dem in einem pinkfarbenen Geschechenkband gewickelte Haus bat. Nun ist es so eine Sache kulturverwöhnte BürgerInnen mit einer Eröffnung zu bespaßen. Butzmann, weder dumm noch dem schrillen Ton abgeneigt, überraschte mit in Inhalt und Ton komplett übersteuertem wie herzlichem Narrengesang, unterstützt vom Fanfarenzug Potsdam. Die Bürger lachten herzlich über sich und folgten dem Rattenfänger, der das aussprach, was sonst gerne verschwiegen wird, ins neue, noch prächtigere Haus.

■ Ulrike Mohr: Signalkugel; ständige Einrichtung, 2011 realisiert durch das Bezirksamt Friedrichshein-Kreuzberg nach einem Kunstwettbewerb 2008, May-Ayim-Ufer nähe Pfuhlstraße / Oberbaumbrücke