Hässlich und nützlich

Der erste serienreife Kleintransporter mit Hybridantrieb wird in Wunstorf gebaut. Das Design ist eher steinzeitlich, aber dafür hat der Ecocraft das Klima lieb: Null Gramm Kohlendioxidausstoß

Türen: 2 Radstand: 2.650 / 3.600 mm (2- Achser / 3-Achser) Fahrzeuglänge: 3.750 / 4.850 mm Fahrzeugbreite: 1.740 mm ohne Aufbauten Fahrzeughöhe: 1.750 mm ohne Aufbauten Gewicht: 980 / 1.120 Kg inkl. Bat terie (2-Achser / 3-Achser) Zuladung: 370 / 650 Kg Kasten aufbau min.: 1,8 m³ 0 auf 50 km / h: 8,5 Sekunden Höchstgeschwindigkeit: 80 km / h Motorart: Drehstrom-Asynchron Motorleistung: 18 kW bei 5.700 U / min. Drehmoment: 950 Nm Kraftstoffart: Strom (80 V 120 AH Blei-Säure-Batterie) Verbrauch: ca. 10 KW / 100 Km Reichweite: je nach Fahrweise bis zu 80 Kilometer mit einer Batterie ladung CO2-Emission: 0 CO2 g / km

VON KAI SCHÖNEBERG

Es ist ein Bastard geworden. Der Ecocraft ist ein Sammelsurium aus Zulieferteilen von 50 Firmen aus der ganzen Welt. Fenster, Scheinwerfer und Blinker von Landrover, die Heizung von Stiebel Eltron, die Achsen von einer großen europäischen Autoschmiede. „Man kann sie auch selbst entwickeln, aber das sind 400 Einzelteile“, sagt Ecocraft-Geschäftsführer Giso Gillner. „Wir kaufen sie ein und verheiraten sie mit acht Schrauben mit dem Rahmen“, sagt der Wirtschaftsingenieur, der zusammen mit einem Kollegen die surrende Wuchtbrumme erdacht hat. Das Baukasten-Prinzip ist gewitzt und ökonomisch dazu. „Ja“, sagt Gillner über den ersten serienreifen deutschen Kleintransporter mit Hybridantrieb, „das Design wirkt ein bisschen steinzeitlich“. Das ist aber nicht so schlimm, meint Gillner,: „Wer investiert, sitzt ja nicht drin.“

Der Ecocraft soll, ob mit Pritsche oder Kastenaufbau, ob mit zwei oder drei Achsen, das Fahrzeug für Handwerker, Stadtwerke oder Kurierdienste werden, eine Art Mini-Unimog für die City. Auch eine Stretch-Version für Flughäfen ist in Planung. Nach der Premiere auf der IAA Nutzfahrzeuge im vergangenen Jahr hätte er schon 200 Ecocraft verkaufen können, sagt Gillner. Aber die Serienproduktion beginnt nach mehr als zehn Jahren Anlaufzeit erst in diesem September. Und zwar in Wunstorf, weil Gillners Kompagnon Dirk-W. Morche ganz in der Nähe bereits eine Werkstatt hatte. Wird das Städtchen am Steinhuder Meer vielleicht eines Tages das neue Wolfsburg? Kaum: Zunächst sind nur Kleinserien geplant. Verkaufsziel in 2007: 100 Stück. Zehn Autos hat er schon losgeschlagen, gerade hat die Abwassergesellschaft in Lüneburg unterschrieben, sagt Gillner.

„Wenn wir 200 verkauft haben, landen wir schon im Plus“, sagt Gillner, der mit Partnern 300.000 Euro in die Firma steckte. Der Clou des rustikalen Knubbels (Kosten ab 20.000 Euro aufwärts) steht auf einer Schautafel in dem Wunstorfer Gewerbegebiet, wo demnächst 20 Mitarbeiter den Ecocraft zusammenbasteln werden: Zwei Euro auf 100 Kilometer. Die Konkurrenz braucht ein Vielfaches. Dahinter steckt ein 18 Kilowatt oder 25 PS starker Elektromotor, auf Wunsch eben auch mit einem Benzinmotor gekoppelt, der bei Bedarf auf Bioethanol umgerüstet werden kann. Das heißt: Null Gramm Kohlendioxidausstoß. Im Prinzip ist das Wägelchen also CO2-neutral, da die Pflanzen im Tank bei der Verbrennung so viel des schädlichen Klimagases ausstoßen, wie sie bei der Photosynthese absorbiert haben. Der Ecocraft hat das Klima lieb, auch feinstaubtechnisch dürfte er überzeugen. Selbst der vielgepriesene Hybrid-Toyota Prius bläst 104 Gramm CO2 auf 100 Kilometer in die Atmosphäre.

Testfahrt. Die Ausstattung ist quasi schwäbisch karg – wenn da nicht die Luxusschleudern herkämen. Im Cockpit des Zweisitzers gibt es einen Digitaltacho mit Batterieanzeige, Lämpchen für Handbremse, Fernlicht, Warnblinker sowie Nebelleuchte, außerdem Heizung und, fast schon Luxus, der Zigarettenanzünder. Wie ein Kätzchen schnurrt der Ecocraft los, wenn man aufs Fußpedal drückt. „Luftgefedert wie ein Phaeton“, schwärmt Gillner. Die Beschleunigung reicht nicht für Kavalierstarts an der Ampel, ist aber o.k.: Von 0 auf 50 Stundenkilometer in 8,5 Sekunden laut Hersteller. Bei 80 km/h ist das Gefährt gedrosselt: Ein echtes Stadtwägelchen, das allein mit der 300 Kilo schweren Gabelstaplerbatterie 120 Kilometer weit kommt. Allerdings: Wenn die Batterie schwächelt, springt in der Hybrid-Version der Motor an, ein grünes Lämpchen glimmt. Mehr lässt sich von der Öko-Revolution kaum reportieren, weil das Tuckern fast nicht wahrnehmbar ist: „Der Motor sitzt eben weit hinten“, sagt Gillner.

Gerade werden 15 Vertriebsstandorte in ganz Deutschland aufgebaut. Dazu reicht eine „Schlichtwerkstatt“ aus, wie Gillner das nennt. Der Ingenieur ist schon stolz auf sein simples Auto. „Akkuschrauber, Schweißgerät und ein bisschen Werkzeug reichen aus.“