gleichbehandlung
: Mühsames Erbsenzählen

Nein, es ist nicht überraschend, dass da kaum jemand klagen mag. Auch nicht, dass das öffentliche Interesse an dem Gleichbehandlungsgesetz weit größer ist als die reale Streitlust der Betroffenen. Denn für die wäre das Prozedere ähnlich mühsam wie bei anderen Indizienprozessen auch, und die ziehen sich oft über Jahre.

KOMMENTAR von PETRA SCHELLEN

Denn winzigste Fundstücke, Krümel von Beweisen dafür zu erbringen, dass man sich benachteiligt fühlt: Das ist zeitraubend, kleinteilig, kostet Nerven – und der Sieg ist fraglich. Meist kämpft in solchen Fällen David gegen Goliath, sprich: der oder die Einzelne gegen eine mächtige, mit gewieften Juristen ausgestattete Institution oder ein selbstbewusstes Unternehmen. Denn auch wenn das Gesetz Letztere verpflichtet, die Nicht-Diskriminierung zu beweisen, wird ihnen das fast immer gelingen: zu demonstrieren, dass der Mann einfach qualifizierter war als die Frau, die Christin fachlich geeigneter für den Job als die Muslima.

Von diesem Gesetz war in der Praxis nicht viel zu erwarten. Nötig und sinnvoll ist es dennoch. Auch wenn es in erster Linie der Hygiene des öffentlichen Gewissens dient, ist es trotzdem ein zentrales politisches Statement. Und als solches ein wichtiger Schritt in der Evolution zu echter Gleichberechtigung, die alle gesellschaftlichen Gruppen umfasst.