Keine Blauhelme nach Tripolis

LIBYEN Die Rebellen lehnen die Entsendung von ausländischen Soldaten ab. In Paris findet eine internationale Aufbaukonferenz statt. Will sich Gaddafis Sohn al-Saadi stellen?

■ Waffen, die Frankreich aus der Luft im Juni für die westlibyschen Rebellen in den Nafusa-Bergen abgeworfen hatte, sollen bei flüchtigen Gaddafi-Kämpfern in Mali aufgetaucht sein. Dies berichten Sicherheits- und Konsularkreise in Mali unter Berufung auf „sichere Indizien“. Tuareg-Söldner, die in Mali von Gaddafi angeworben worden waren und jetzt nach dessen Sturz aus Libyen in ihre Heimat zurückkehren, hätten das Rüstungsmaterial dabei, hieß es. Genauere Angaben wurden nicht gemacht. Ende Juni hatte Frankreichs Regierung bestätigt, sie habe Gewehre und Munition über den Rebellengebieten der Nafusa-Berge abgeworfen. (afp, taz)

NEW YORK/BRÜSSEL/TRIPOLIS afp/dpa/dapd | Die libyschen Rebellen lehnen nach Angaben der UNO die Entsendung ausländischer Soldaten für den Wiederaufbau Libyens ab. Es sei „sehr klar“, dass die Rebellen künftig keine Stationierung von UN-Blauhelmen oder anderen ausländischen Soldaten wünschten, sagte der UN-Sonderberater Ian Martin in New York.

Die Entsendung einer Beobachtermission nach Libyen war etwa von Frankreichs Außenminister Alain Juppé ins Spiel gebracht worden. Nötig sei eine „Wiederaufbautruppe, aber keine Interventionstruppe“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Mittwoch. Der Nationale Übergangsrat der Rebellen müsse unterstützt werden, da er noch jung sei und es „interne Spannungen“ gebe.

Die Nato richtet sich unterdessen darauf ein, auch nach dem Ende ihres Militäreinsatzes mit Schiffen und Flugzeugen vor und über Libyen präsent zu bleiben. Dies vereinbarten die Vertreter der 28 Mitgliedstaaten am Mittwoch im Nato-Rat in Brüssel. Sofern dies von der künftigen libyschen Regierung und den Vereinten Nationen gewünscht werde, sei es möglich, für einen klar begrenzten Zeitraum mit Aufklärungsflugzeugen im Himmel über Libyen und Schiffen vor der Küste präsent zu bleiben, um Waffenschmuggel zu verhindern und die Lage im Land zu kontrollieren. Eine Entsendung von Bodentruppen komme aber nicht in Frage.

Die UNO werde nun prüfen, ob der Übergangsrat in Libyen Polizei- oder Beobachterhilfe wünsche, sagte Martin am Dienstag nach einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats. Eine solche UN-Mission würde sich auf politische Aufgaben konzentrieren – vor allem auf die Organisation von Wahlen, die Ausarbeitung einer neuen Verfassung und die Reform des Justizsystems. „Nach vier Jahrzehnten unter Gaddafi ist Libyen heute eine politische Wüste, ein Land voller Frustration, aber auch Hoffnung“, sagte Martin. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte vor dem Sicherheitsrat, angesichts der humanitären Lage in Libyen müsse „dringend“ auf die Anfrage des Übergangsrats nach finanzieller Hilfe reagiert werden. In Tripolis seien etwa 60 Prozent der Bevölkerung ohne Wasser.

Frankreich bemühte sich vor einer internationalen Aufbaukonferenz für Libyen am Donnerstag um die Freigabe gesperrter Finanzmittel für die libyschen Rebellen. Die Regierung bat den Sanktionsausschuss des Weltsicherheitsrats, etwa ein Fünftel der bei französischen Banken gebunkerten 7,6 Milliarden Euro freizugeben, wie ein Gewährsmann mitteilte.

Die Nato richtet sich auf eine weitere Präsenz vor und über Libyen ein

Die Militärführung der Rebellen bereitete sich auf einen Einmarsch in den Städten Sirte und Sebha vor. Außerdem meldeten ihre Medien neue Gefechte in der Umgebung von Bani Walid, das südöstlich von Tripolis liegt. Die Nato verstärkte ihre Luftangriffe in der Region. Am Dienstagnachmittag flog die Nato auch neue Angriffe in der Umgebung von Sirte. Bani Walid, Sirte und Sebha gelten als mögliche Aufenthaltsorte des bisherigen Machthabers Muammar al-Gaddafi.

Gaddafis Sohn al-Saadi will sich nach Angaben der libyschen Rebellen unterdessen stellen. Der Kommandeur der Aufständischen in der Hauptstadt Tripolis, Abdel Hakim Belhadsch, sagte der Nachrichtenagentur AP am Mittwoch, al-Saadi habe ihn angerufen, um über seine Kapitulation zu verhandeln. Al-Saadi habe am Dienstag telefonisch gefragt, ob die Rebellen für seine Sicherheit garantieren könnten, erklärte Belhadsch. Der Rebellenkommandeur soll dem Gaddafi-Sohn zugesichert haben, dass ihm nichts geschehe, er aber im Einklang mit den Gesetzen behandelt werde. Am Mittwochmorgen habe sich der Sohn des Exdiktators erneut gemeldet – er habe den Anruf aber verpasst, sagte Belhadsch.