Unter Wasser wird es immer lauter

Internationale Konferenz soll Aufschluss über die Folgen zunehmenden Krachs für Meerestiere geben

DORTMUND taz ■ Bohrinseln und Arbeitsschiffe in der Nordsee, Supertanker und Pipelines in der Ostsee: Das Meer vor Deutschlands Küsten wird immer begehrenswerter für die Industrie. Was oberhalb der Wasserlinie nach florierender Wirtschaft aussieht, hinterlässt darunter deutliche Spuren. Für viele Meerestiere wie die auch in deutschen Gewässern heimischen Schweinswale bedeuten die Geräusche von Bauarbeiten unter Wasser Stress. Trotzdem sitzt die Industrie mit am Tisch, wenn heute die internationale Konferenz über die Auswirkungen von Lärm auf Meerestiere im dänischen Nyborg beginnt.

Für die Organisatorin Lidia Wysocki, Biologin am Department für Verhaltensbiologie der Uni Wien, ist das sehr wichtig: „Wir wollen an das Thema nicht moralisch herangehen.“ Viele wissenschaftliche Fragen seien noch offen, etwa welchen Einfluss der Faktor Lärm in Verbindung mit anderen Umwelteinwirkungen auf Meeressäuger hat. Und die Unternehmen sollten die Erkenntnisse schließlich auch vor Ort umsetzen.

Uwe Johannsen, Meeresexperte der Artenschutzorganisation WWF, spart dagegen nicht mit Kritik. Er zitiert eine gerade veröffentlichte Studie des WWF als Beleg dafür, dass der Lärm in Seegebieten ein zunehmendes Problem ist. Darin ist die Rede von „reinsten Schockerlebnissen“ für die Meeressäuger. Große Frachtschiffe können bei schneller Fahrt unter Wasser Lautstärken von über 150 Dezibel (dB) erzeugen, Supertanker sogar bis zu 205 Dezibel. Die Pumpen von Kiesbaggern erreichen einen Pegel von 185 dB, und auch der Lärm von Rammarbeiten für den Bau von Offshore-Windparks auf See kann noch in einem Abstand von über einem Kilometer physische Schäden bei Säugern verursachen. Bei Schweinswalen beispielsweise reichen 180 dB für einen Hörschaden, bei Seehunden sogar schon 165 dB.

Und der Krach nimmt zu. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zählt 15 genehmigte Windkraft-Projekte auf der Nord- und 3 in der Ostsee. Während heute etwa 8.200 Öltanker im Jahr die Ostsee passieren, wird bis 2015 mit einer Verdopplung des Schiffsverkehrs in dieser Region gerechnet. Zwei neue Kiesabbaugebiete in der Nordsee sind geplant. Uwe Johannsen fordert daher strengere Schutzmaßnahmen für die Meerestiere. MORITZ SCHRÖDER