Auf Abruf bis kurz vor der Vorstellung

MITBESTIMMUNG Die Beschäftigten der Servicefirma „On Stage & Sports“, die beim Musical „Das Wunder von Bern“ arbeiten, wollen einen Betriebsrat wählen. Ihr Arbeitgeber erkennt den Wahlvorstand nicht an

„Die Leute haben keinen Einfluss auf die Häufigkeit ihrer Arbeitseinsätze“

AGNES SCHREIEDER, VER.DI-BETREUERIN

Krach gibt es beim neuen Musical „Das Wunder von Bern“: Die rund 500 Beschäftigen des Servicepersonals der „On Stage & Sport Service GmbH“ (OSSS), die im Musical-Neubau im Hafen allabendlich die 1.800 Gäste im so genannten „Vorderhaus“ versorgen, wollen einen Betriebsrat wählen. Doch OSSS geht laut der Gewerkschaft Ver.di mit „aggressiven Angriffen“ gegen die Wahl vor.

Fast alle Beschäftigten haben als geringfügig Beschäftigte bei OSSS flexible Arbeitszeiten. „Manchmal kommt jemand bei sieben Euro pro Stunde auf seine monatlich 400 Euro, manchmal sind es mangels Arbeitseinsatz aber nur 70 Euro im Monat“, sagt Ver.di-Betreuerin Agnes Schreieder. „Die Leute haben darauf keine Einflussmöglichkeiten.“ Das sei ein wesentlicher Aspekt, warum die Beschäftigten zwecks Mitbestimmung einen Betriebsrat wollen, sagt Schreieder.

Zudem müssen sich die Servicekräfte allabendlich bis eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn in Breitschaft halten, ohne dies bezahlt zu bekommen. Die in Vollzeit angestellten Teamleiter müssten indes häufig bis zu 14 Stunden pro Schicht arbeiten, ohne die Mehrarbeit bei 1.700 Euro Gehalt brutto bezahlt zu bekommen. „Beim Start des Musicals im November ist den Teamleitern ein hoher Arbeitseinsatz abverlangt worden.“

Auf einer von Ver.di einberufenen Betriebsversammlung ist nun ein Wahlvorstand zur Betriebsratwahl gewählt worden. Ver.di wirft dem Unternehmen vor, die Wahl behindert zu haben: „So hat die Geschäftsführung die Einladung nicht, wie gesetzlich vorgesehen, an die Beschäftigten zur Kenntnis gegeben“, kritisiert Schreieder. Und nun erkennt OSSS den Wahlvorstand nicht an.

„Ver.di hat eingestanden, einen nach Größe und Besetzung falschen Wahlvorstand eingesetzt zu haben“, erklärt OSSS-Geschäftsführer Steffen Glatz gegenüber der taz. Ver.di sei aber nicht bereit anzuerkennen, „dass es im Ergebnis gar keinen Wahlvorstand gibt“, so Glatz. Trotzdem werde die Wahl „rechtswidrig weiter betrieben“.

In der Tat räumt Schreieder ein, dass es bei der Wahl für einen fünfköpfigen Wahlvorstand bei zwei Personen einen Bewertungs-Fehler gegeben habe. „Aber die Mitglieder des dreiköpfigen Wahlvorstands sind rechtskräftig gewählt“, sagt Schreieder. Und diese drei Mitglieder stünden nun auf der Abschussliste, seien während laufender Vorstellung fristlos ohne Lohnfortzahlung freigestellt worden und hätten Hausverbot erhalten.

Dagegen wird Ver.di nach Weihnachten arbeits-, aber vielleicht auch strafrechtlich vorgehen. „Dem Wahlvorstand muss Zugang zum Betrieb gewährt werden“, sagt sie. Schreieder sagt, eine derart heftige Anti-Betriebsratskampagne noch nicht erlebt zu haben. „Da müssen Profi-Anwälte dahinterstecken.“ KAI VON APPEN