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: Mit Lernhunger und spitzer Zunge

„Schwarzer Vogel, süße Mango“ erzählt den Konflikt einer jungen indischen Frau, die ihr Leben jenseits von traditionellen Rollen sieht

Alter: ab 12 Jahren

Story: Jeeta ist 16 und lebt in Mumbai – dem früheren Bombay. Sie hat das Gefühl, zwischen allen Stühlen zu sitzen. Ihre Eltern sind damit beschäftigt, für ihre beiden älteren Schwestern passende Ehemänner zu finden. Die beiden jüngeren Brüder hingegen gehen ihr tierisch auf die Nerven, weil sie sich bedienen lassen – das ist ihr Privileg als männliche Nachkommen. Doch Jeeta will weder verheiratet werden noch möchte sie Männern hinterherräumen. Als sie sich mit der neuen Mitschülerin Sarina anfreundet, lernt sie eine ganz neue Art zu leben kennen. Denn für Sarinas Akademikereltern ist es selbstverständlich, dass ihre Tochter studieren und sich ihren Mann selbst suchen wird. Jeeta wird klar: Bildung ist der Schlüssel zu einem anderen Leben. Also lernt sie trotz einer geheimen Liebe, die sich zwischen ihr und Sarinas Cousin Neel entwickelt, bis zum Umfallen. Am Ende überrascht sie ihre Familie mit einem Schulabschluss, der sie für die Uni qualifiziert.

Leserausch: Anschaulich, bisweilen blumig beschreibt die spitzzüngige Icherzählerin ihren Alltag. Dank vieler Dialoge und eines lockeren Erzählstils lässt sich der Roman einfach lesen. Ihren turbulenten Familienalltag schildert Jeeta erfrischend ironisch. Die heimliche Liebesgeschichte zwischen Neef und ihr verleiht dem Familienroman eine knisternde Spannung.

Weltwissen: Der Roman gibt einen realistischen Einblick in die Lebensverhältnisse einer jungen Frau, die den Konflikt zwischen persönlichen und gesellschaftlichen Erwartungen durchlebt. Während sich bei uns ein Heer von Singles durch Partnerschaftsanzeigen wühlt, übernehmen in Indien noch immer die Eltern diesen Job: Ehen werden arrangiert, Liebesheiraten sind selten. Von diesem Grundkonflikt nährt sich Bollywood. Ob ein heiratsfähiger Mann eine gute Partie ist, entscheiden Hautfarbe und Herkunft ebenso wie seine Möglichkeiten, eine Ehefrau zu versorgen. Auch wenn Jeeta sich gegen das Verheiratetwerden sträubt, bleibt sie doch den Werten der indischen Gesellschaft verbunden. Kashmira Sheth weiß, wovon sie spricht. Sie selbst lebte bis zu ihrem 17. Lebensjahr in Indien. Dann ging sie in die USA, um zu studieren.

Ein gut erzählter Familien- und Liebesroman, der Einblick in eine fremde Kultur gibt.

Sarah Wildeisen

lesezeichen@taz.de

Kashmira Sheth: „Schwarzer Vogel, süße Mango“. Aus dem Amerikanischen von Birgitt Kollmann. Beltz & Gelberg Verlag, Weinheim 2007, 12,90 €