Klang-Klimawandel

INDIE-POP Frühlingshafte Leichtigkeit oder sehnsuchtsvolle Herbstmusik? Seabear-Mastermind Sindri Már Sigfússon präsentiert sein zweites Solo-Album „Summer Echoes“

Der richtige Einklang auf einen Herbst, der hoffentlich lieber noch mal Frühling sein will

VON ROBERT MATTHIES

Es mag nur ein weiterer Hinweis auf den Klimawandel sein: So wie dieser August sich benimmt, als sei er ein verspäteter April, wird man sich bei „Summer Echoes“, dem zweiten Solo-Album des isländischen Seabear-Masterminds Sindri Már Sigfússon alias Sin Fang – das einstige „Bous“ hat er seit dem Solo-Debüt „Clangour“ vor zwei Jahren gestrichen, weil es einfach leichter von der Zunge geht – nie ganz sicher, ob man es nun eher mit frühlingshafter Leichtigkeit zu tun hat oder ob da immer schon ein wenn auch farbenfroher Herbst dräut. Für eine Bahnfahrt hinter verregneten Scheiben eignet sich das ebenso vielschichtige wie unkomplizierte Indie-Pop-Experiment mit jeder Menge raschelnder und schwirrender Saiteninstrumente, Field-Recordings, Elektro-Beats, hier und da mal einer bodenständigen Verzerrung und dieser merkwürdig jeglicher Anteilnahme beraubten Stimme jedenfalls ebenso gut wie für einen morgendlich-überschwänglichen Skateboard-Ausflug nachdenklicher Berufsjugendlicher.

Ganz so zuckerig-verspielt und klang-kauzig wie der Vorgänger klingt der kürzlich zum „isländischen Beck“ erklärte Flausch-Folk-Barde dabei gar nicht mehr. Statt wild fiepsenden Fragmenten gibt es nun wohldosierten, sehnsuchtsvollen Kammerpop, der mitunter vielleicht zu viele Zugeständnisse an den typischen „Island-Sound“ macht. Nach so einem Sommer, der nie wirklich einer werden wollte, ganz sicher aber der richtige Einklang auf einen Herbst, der hoffentlich lieber noch mal Frühling sein möchte.

Begleitet wird Sin Fang dabei übrigens von einer Seabear-Mitstreiterin: auch deren Keyboarderin und Gitarristin Sóley Stefánsdóttir hat kürzlich ihr Solo-Debüt vorgelegt. Von ihr gibt es im Goldenen Salon im Hafenklang morgen Abend verschrobenen Strickjacken-Klavier-Folk mit Beatbox-Experimenten und vor allem einer Stimme zu hören, an die sich ihre Besitzerin erst mal selbst gewöhnen musste. Das ist ihr dann aber ganz hervorragend gelungen.

■ So, 4. 9., 21.30 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84