Bilder dieser Zeit

AUSSTELLUNG Unter dem Titel „kill your darlings“ stellen 20 FotografInnen, AbsolventInnen der hiesigen Hochschule für Künste, in der Städtischen Galerie ihre Arbeiten aus

VON JAN ZIER

„Junge Fotografie aus Bremen“. Ein echtes Markenzeichen ist das bislang noch nicht. Doch, Fotografie kann man auch in Bremen studieren, an der Hochschule für Künste. Aber eine „Klasse Peter Bialobrzeski“ gibt es dort nicht. Offiziell jedenfalls. Obwohl der Mann, der gleich zwei Mal den World Press Photo Award gewann, hier seit fast zehn Jahren Professor für Fotografie ist.

Bialobrzeski selbst hat den Klassen-Begriff nie in den Mund genommen. Seine StudentInnen schon. 20 von ihnen haben sich jetzt, nach dem Studium, als Gruppe zusammengetan. Sie nennen sich „kill your darlings“, und ihre Ausstellung in der Städtischen Galerie als auch der Bildband, der dazu erscheint, heißen auch so. „Kill your darlings“ tritt an, nicht nur um sich selbst auf dem Markt zu positionieren. Und geht dabei das Risiko ein, dass das Bild, die „Marke“ des, der Einzelnen in der vielschichtigen Konkurrenz etwas verschwimmt. Zudem will das Projekt noch den Ruf Bremens in der Fotografie verbessern, dabei an alte, bessere Zeiten der Stadt anknüpfen. Das ist ambitioniert.

Bialobrzeski sagt, ihm sei „völlig gleichgültig“, wie viele seiner StudentInnen eines Tages berühmt werden und wie viel Geld sie damit verdienen. An ihre Bilder stellt er hohe Ansprüche: Das, was er „Befindlichkeitsbilder“ nennt, ist ihm – wenn es aus einer Akademie kommt – ebenso ein Gräuel wie Selbstreferenzielles und Serien, für die Freunde in der Badewanne fotografiert werden. Und: Die Bilder „müssen aus dieser Zeit sein, sonst brauchen wir sie nicht“.

Dazwischen ist ein sehr breiter Raum. Entsprechend weit ist die Spanne, die in der Ausstellung abgedeckt wird. Da gibt es Experimentelle, und solche, die, bisweilen etwas abstrakt, formalistisch, über die Fotografie als Medium sinnieren. Da gibt es Variationen über Architektonisches aus Baku und Südafrika und, gleich drei Mal, Selbstporträts in Serie. Und da gibt es eher Journalistisches, Bilder, die an der oft diskutierten (aber letztlich unerheblichen) Grenze zwischen Bildender Kunst und Angewandter Fotografie liegen. Eine einheitliche Bildsprache ist hier so wenig gewollt wie ein gemeinsames Thema.

Am Ende steht eine Art Bremer Werkschau, die sehr heterogen, aber qualitativ fast durchweg hochwertig ist. Stark etwa sind Johanna Ahlerts fast mystische Nachtaufnahmen des Castor-Transports von 2010, Lichtinszenierungen von der Ästhetik des Widerstandes und seiner medialen Symbolik, Bilder, die gleichwohl auch romantische Momente haben. Solche wiederum tauchen immer wieder auf, sei es, eher sehnsuchtsvoll, in Manja Hermanns „Heimkehr“, sei es, eher reflektierend, als Spiegelung idealisierter, touristischer Bilderwelten, so wie bei Pia Pollmanns. Und wer sagt, dass Kunst und die Rezeption ihrer Geschichte, immer ganz ernsthaft sein muss? Also hat Anja Engelke Fotoikonen einfach nachgebacken und fotografiert.

Bis 23. Oktober. Eröffnung: Samstag, 19 Uhr, Städtische Galerie, Buntentorsteinweg 112. Mehr Infos auch zum großen Begleitprogramm sowie den Katalog gibt es unter www.kill-your-darlings.org/