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Archiv-Artikel

Der Ruf der Kojoten

TRÄUME Sie stammen aus El Salvador oder Guatemala und wollen in die USA. Nach Mexiko kommen sie noch leicht, sie müssen nur durch einen Fluss waten. Danach wird es gefährlich – auch wegen der Kojoten, ihrer Schlepper. Die Geschichte einer Gestrandeten

Sie haben einen Traum

■  Der Weg: Hunderte Mittelamerikaner verlassen täglich ihre Heimat, weil sie von einem Leben in den USA träumen. Um nach Mexiko zu kommen, benötigen sie ein Visum, Illegale werden von den mexikanischen Behörden auf Druck der USA zurückgeschickt. Schlepper sollen den Migranten helfen, entpuppen sich aber oft als Geschäftemacher oder Entführer.

■  Die Stadt: Tecún Umán ist eine Stadt in Guatemala, hat 20.000 Einwohner und liegt am Fluss Suchiate, der die Grenze zu Mexiko bildet. Eine Brücke verbindet die Stadt mit dem mexikanischen Ciudad Hidalgo. Wer ohne Pass und Visum kommt, watet durch den Fluss. Für die Migranten ist Tecún Umán eine Zwischenstation – viele bleiben dort aber auch hängen.

AUS TECÚN UMÁN CECIBEL ROMERO UND TONI KEPPELER

Auch Jazmín González ist einmal über den Fluss Suchiate gegangen, der die erste Grenze ist auf dem Weg in das Land, von dem so viele träumen. González war fast noch ein Mädchen, als sie Tecún Umán zum ersten Mal betrat, die Grenzstadt in Guatemala. Sie wollte rüber nach Mexiko, weiter in die USA. Auf dem Weg hat sie zwei Freundinnen verloren, und am Ende ist sie als Prostituierte zurückgekommen. Sie ist dann in Tecún Umán gestrandet. Wie so viele.

Heute ist Jazmín González 34 Jahre alt und aus dem Geschäft. Sie sieht ein paar Jahre älter aus, verlebt. Ihre Haare sind blondiert, sie ist ein wenig zu grell geschminkt. Bluse und Rock sitzen sehr eng. „Wenn Frauen Kinder bekommen, verändert sich ihr Körper“, sagt sie und zupft den Rock ein bisschen tiefer. „Wir sind dann nicht mehr so attraktiv für die Männer.“

20.000 Einwohner hat Tecún Umán, 14 legale Bordelle und mindestens noch einmal so viele illegale. Jede Straße gleicht einem Markt für Schmuggelware. Alles, was drüben in Mexiko, auf der anderen Seite des Grenzflusses Suchiate, billiger ist als hier in Guatemala, wird feilgeboten. Cornflakes und Tequila, Klamotten und Haushaltswaren, Benzin in Plastik-Kanistern, Statuen der Heiligen Jungfrau Maria. Die Waren kommen herüber, die Illegalen wollen hinüber.

Man nennt sie „die Nassen“

Rund 400 Salvadorianer verlassen täglich ihre Heimat, um ohne Visum in die USA zu reisen und dort Arbeit zu suchen. Dazu kommen etwa 300 Honduraner und noch einmal so viele Guatemalteken. Die meisten reisen über Tecún Umán.

Bis hierher ist es einfach. Die Grenzen Zentralamerikas sind kein Hindernis, ein Personalausweis genügt. Erst die mexikanischen Grenzer wollen einen Pass mit Visum sehen, deshalb benutzt kaum jemand die Brücke über den Suchiate, die Tecún Umán mit Ciudad Hidalgo auf der anderen Seite verbindet. Man geht durch den Fluss. Illegale nennt man in Mittelamerika „Mojados“, die Nassen. In Tecún Umán machen sie sich das erste Mal nass.

Jazmín González ist in El Salvador geboren und aufgewachsen, im Barrio Lourdes, einem heruntergekommenen Viertel der Hauptstadt San Salvador, wo sich ganze Familien in einem Zimmer zusammendrängen; in Häusern, deren Mauern von den vielen Erdbeben rissig geworden sind. Jazmín hat dort die ersten 14 Jahre ihres Lebens bei ihrer Tante verbracht. Zur Schule gegangen ist sie nie.

Es war 1990, in den letzten Monaten des Bürgerkriegs. Nach Einbruch der Dämmerung herrschte Ausgangssperre, die Jungs ihrer Clique wurden von der Armee zwangsrekrutiert. „Da habe ich zusammen mit vier Freundinnen beschlossen, dass wir in die USA gehen.“ Sie erzählt es, als wäre eine solche Entscheidung das Normalste auf der Welt. „Wir haben gehört, dass Kindermädchen dort drei oder vier Dollar in der Stunde verdienen.“ In El Salvador bekamen Fabrikarbeiter damals so viel Geld an einem Tag. „Wir haben alles rosarot gesehen.“ Keine Angst mehr haben, keinen Hunger und ein eigenes Zimmer. Platz, einfach nur Platz. Davon träumen noch heute die meisten jungen Salvadorianer.

Jazmíns Familie wusste Bescheid. Die älteren ihrer sieben Geschwister legten Geld zusammen und bezahlten einen Kojoten. So nennt man in El Salvador die Schlepper, die Illegale in den Norden schleusen. Er brachte sie im Bus nach Guatemala. Erst in die Hauptstadt, dann nach Tecún Umán, an den Fluss.

Es war damals so einfach wie heute, auf die andere Seite zu kommen. Vom offiziellen Grenzübergang an der Brücke geht man nur zweihundert Meter flussaufwärts, dann kommt man an die Ablegestelle. Ein paar Dämme aus Schwemmsand sind in den Suchiate geschüttet, dazwischen schaukeln Dutzende von Flößen im Wasser: Aufgepumpte Schläuche von den Reifen großer Lastwagen, darauf ein grober Rost aus Holzlatten.

Diese Flöße werden von Männern an einem Seil auf die andere Seite des Flusses gezogen. An den tiefsten Stellen versinken die Schlepper bis zu den Schultern im Wasser. Zehn Menschen passen leicht auf einen Rost. 75 Quetzales – knapp sieben Euro – kostet die Überfahrt. Ein Flößer macht an einem normalen Tag drei bis fünf Fahrten. Am hellen Tag, in Sichtweite der Grenzer an der Brücke. Hinüber bringt er Menschen, zurück in der Regel Schmuggelware.

Wer sich die Überfahrt nicht leisten kann, watet noch einmal hundert Meter weiter durch den Suchiate. Der flache Einstieg wirkt fast wie ein Strandbad. Maya-Frauen schürzen ihre bunten Wickelröcke bis knapp unters Gesäß, Kinder und Jugendliche kichern, Männer staksen in Unterwäsche durchs Wasser. Längst nicht alle sind Illegale auf dem Weg in den Norden. Hier spielt sich auch der ganz normale kleine Grenzverkehr von Leuten ab, die kein Visum für Mexiko haben und oft nicht einmal einen Pass. Die Mojados erkennt man am leichten Gepäck: ein Rucksack oder eine Umhängetasche mit Kleidern und einer Hand voll Dollars. „Wir werden nächtelang wandern müssen“, sagt einer, der gerade in den Fluss steigt und den 3.000 Kilometer langen Weg durch Mexiko beginnt. „Gepäck ist da nur hinderlich.“

Vielleicht dreißig Meter vor dem mexikanischen Ufer ist – als wäre es das Willkommenstor – ein großer Bogen aus Plastikblumen ins Wasser gesteckt, geschmückt mit der rot-weiß-grünen Fahne Mexikos auf der linken und dem Sternenbanner der Vereinigten Staaten von Amerika auf der rechten Seite. Am Ausstieg steht dann eine blumengeschmückte Madonna zwischen den Flaggen von Guatemala und Mexiko und gleich daneben eine Plakatwand als großes naives Wandgemälde, das glitzernde Wolkenkratzer zeigt mit einem Düsenflugzeug darüber und der Aufschrift „USA“. Es ist so einfach, hinüberzukommen nach Mexiko – und manches sieht hier aus wie eine Einladung in die USA.

Die nächste Grenze, am Río Grande, auf der anderen Seite von Mexiko, ist noch weit. Die Mauer dort, der Stacheldraht, das Flutlicht, die Videokameras und die Patrouillenfahrzeuge mit ihren Suchscheinwerfern auf dem Dach, sie wirken überhaupt nicht wie ein Willkommensgruß.

Nach Mexiko hinüber kam Jazmín González auch vor zwanzig Jahren ganz leicht. Der Kojote brachte sie und ihre Freundinnen bis zum Güterbahnhof in Tapachula, rund zwanzig Kilometer hinter der Grenze. Damals gab es noch keine Straßenkontrollen. Aber seit gut zehn Jahren drängen die USA die mexikanischen Behörden, illegale Einwanderer erst gar nicht bis an ihre eigene Südgrenze durchzulassen, sondern sie vorher abzufangen. Seither werden die Mojados ein paar Kilometer hinter dem Suchiate aus den Überlandbussen gezogen und zurück zur Brücke nach Tecún Umán gebracht. Die Männer von der Einwanderungsbehörde hören genau, wen sie zu kontrollieren haben: Zentralamerikaner haben nicht den singenden Tonfall der Mexikaner.

Am Grenzfluss wäre es leichter, die Illegalen abzufangen. Doch daran haben die mexikanischen Behörden kein Interesse. „Die verdienen doch mit am Schmuggelverkehr“, sagt ein Flößer am guatemaltekischen Ufer. Nur manchmal kommt die mexikanische Kriegsmarine vorbei, die an der Mündung des Suchiate stationiert ist, und beschlagnahmt alles, was sie findet. Aber das sei in die Preise schon einkalkuliert. Für die guatemaltekischen Grenzer genüge ein geringes Schmiergeld.

Weiter mit „La Bestia“

In Tapachula stiegen Jazmín González und ihre vier Freundinnen auf den Güterzug, den die Illegalen „La Bestia“ nennen, die Bestie. Der Kojote sagte, er komme gleich nach, aber die jungen Frauen haben ihn nie wieder gesehen. Der Zug fuhr los. Man muss sich gut festhalten. Dort, wo der Zug langsam fährt, lauern Banden und versuchen, die Frauen von den Waggons zu ziehen. An zwei ihrer Freundinnen hätten diese Männer gezerrt. Sie fielen zwischen die Gleise. „Die ganzen Wagen rollten drüber. Von denen ist nichts übrig geblieben.“

„La Bestia“ verschlingt ihre Passagiere. Jazmín González erzählt das ohne Rührung. In ihrer Heimat El Salvador ist der schnelle Tod alltäglich. Man trauert so schnell, wie man vergisst. „Erst haben wir geweint und wollten uns vom Zug stürzen. Aber dann dachten wir: Für irgendetwas hat Gott uns gerettet.“

Er rettete sie fürs Bordell.

Damals waren die Mojados noch nicht so gut organisiert. Heute unterhält die Migrantenorganisation „Hermanos en el camino“, das heißt: Geschwister unterwegs, eine Internetseite mit vielen Ratschlägen. Für die Fahrt auf „La Bestia“ wird unter anderem empfohlen: „Wenn du in einen Zugwagen einsteigst, mach die Tür nie ganz zu. Leg dich in Tunneln auf den Boden, unten gibt es mehr Luft zum Atmen. Nimm Handschuhe oder Tücher für die Hände mit. An kalten Tagen und in Tunneln wird das Eisen der Güterwaggons sehr kalt.“ Und über die Kojoten: „Trau nie einem Schlepper. Er kann dich einem anderen Kojoten übergeben oder dich an die Einwanderungsbehörde ausliefern. Und er kann dich entführen.“

Jazmín González kannte solche Ratschläge noch nicht. „Wir dachten nur: Schlimmer als im Krieg in El Salvador kann es nicht werden“, sagt sie.

Doch auch heute werden trotz solcher Warnungen nach Schätzungen des Büros des staatlichen Menschenrechtsbeauftragten in Mexiko pro Jahr mindestens 20.000 illegale Migranten entführt. Wie viele es damals waren, weiß man nicht. Man sah das Problem immer nur an der Grenze zwischen Mexiko und den USA, wo jedes Jahr ein paar hundert Migranten in der Wüste verdursten. Dass die eigentliche Gefahr schon lange vorher lauert, wird von Politikern und Medien erst seit ein paar spektakulären Massenmorden an Illegalen wahrgenommen.

Viel zu holen ist bei den Angehörigen der Entführten nicht. Die warten ja selbst nur darauf, dass ihr Verwandter sich in die USA durchschlägt, dort eine Arbeit findet und dann Geld zum Überleben nach Hause schickt. Illegale Arbeitskraft ist das wichtigste Exportprodukt aller zentralamerikanischen Länder mit der einzigen Ausnahme Costa Rica. Aber ein paar hundert Dollar können sich selbst die Armen zusammenleihen, und für die Entführer macht es die Masse.

Neuerdings versuchen auch Drogenmafias, die Mojados zu rekrutieren und ihnen kurz vor der Grenze zu den USA ein paar Pfund Kokain in den Rucksack zu stecken. Es ist nicht ratsam, sich zu verweigern. Ende August vergangenen Jahres wurden in dem Dorf San Fernando im Norden von Mexiko auf einem Landgut 72 gefolterte und dann erschossene Wanderarbeiter entdeckt. Sie waren von einer Drogenbande entführt worden und hatten es abgelehnt, Kurierdienste zu übernehmen.

Besonders gefährdet sind Frauen. Sechs von zehn werden auf ihrem Weg durch Mexiko vergewaltigt.

Die Bordellmutter will Geld

Als sie zurückwollen, nach Hause, wartet der nächste Schlepper. Und wieder landen sie in einem Bordell

Jazmín González und ihre beiden Freundinnen waren nicht lange allein. In einer Station irgendwo im mexikanischen Bundesstaat Tehuantepec bot sich ein neuer Schlepper an und die Mädchen dachten, in Begleitung eines Mannes seien sie vielleicht sicherer. „Aber das war gar kein Kojote. Er hat uns an ein Bordell in Tabasco verkauft.“ Und weil die Bordellmutter für sie bezahlt hatte, mussten sie erst einmal die Investition hereinarbeiten. „Die Kunden bezahlten nicht uns, sondern sie. Wir haben nie auch nur einen Heller gesehen.“ Selbst das Essen und die Kleider wurden auf ihre Rechnung gesetzt, und die wurde nie geringer. „Wenn wir geflohen wären, hätten wir betteln müssen. Und das in unseren engen Minikleidern und auf Stöckelschuhen. Etwas anderes zum Anziehen hatten wir ja nicht.“

Nach acht Monaten haben sie es trotzdem getan. Sie wollten einfach nur noch nach Hause. Aber sie kamen nur bis Tapachula. Als hätten sie nichts gelernt, ließen sie sich auch dort von einem angeblichen Schlepper aufgreifen, der brachte sie wieder in ein Bordell. „Zwei Jahre lang haben wir unsere Schulden abgearbeitet“, sagt sie. „Unsere Schulden.“ Sie hat längst akzeptiert, dass das Leben nun einmal so ist und sie die Verantwortung für Taten übernehmen muss, deren Opfer sie geworden ist. Erst als sie sich selbst endlich freigearbeitet hatte, ist sie über die Grenze gegangen nach Tecún Umán. Sie war 17, und ihre erste Tochter kam zur Welt. Wer der Vater ist? „Keine Ahnung“.

Eigentlich wollte sie nach der Geburt weiterreisen nach El Salvador. Sie rief zu Hause an, damit man ihr Geld schicke für den Bus. Dort glaubte man längst, sie sei tot. Und trotzdem löste ihr Anruf keine Freude aus. „Mein Vater wollte nichts mehr mit mir zu tun haben, weil ich eine uneheliche Tochter hatte.“ Sie blieb in Tecún Umán und ging wieder ins Bordell. „Was sollte ich denn sonst tun?“ Sie hatte nichts gelernt und das Kind brauchte Windeln und Milch.

Für Norma Licia Moreno sind solche Geschichten Alltag. Die kleine, drahtige Frau mit kurzen, grauen Haaren trägt Jeans und T-Shirt. Man sieht ihr nicht an, dass sie Nonne ist. Sie gehört zum Orden der „Oblaten-Schwestern des heiligsten Erlösers“, der sich in Tecún Umán um die Prostituierten kümmert. „Wir haben mit 500 bis 700 Frauen Kontakt, die alle schon eine Weile im Geschäft sind“, sagt sie. Wie viele es genau sind, könne sie nicht sagen. „Oft sind sie in verschiedenen Bordellen unter verschiedenen Namen registriert. Sie haben gefälschte Personalausweise, aber die sind hier leicht zu haben.“ Die Papiere müssen bei regelmäßigen Untersuchungen im Gesundheitszentrum vorgezeigt werden – eine Voraussetzung für die Lizenz zur Prostitution.

Die meisten dieser Frauen kommen aus El Salvador und Honduras, sagt die Nonne. Ein paar auch aus Nicaragua oder aus Guatemala selbst. „Neunzig Prozent erzählen uns, sie täten es, um ihre Kinder durchzubringen.“ Meist wurden die Kleinen zu Hause bei Verwandten zurückgelassen und die erwarten, dass regelmäßig Geld kommt. Wenn nicht aus den USA, dann eben aus dem Bordell. „Die Frauen trinken und nehmen Drogen und schicken irgendwann kein Geld mehr nach Hause. Dann machen die Verwandten Druck.“

Glücklich in Guatemala

Jazmín González lernte beim Check im Gesundheitszentrum einen Herrn kennen, fast vierzig Jahre älter. Der nahm im Labor die Blutproben entgegen. „Dem war es egal, dass ich Prostituierte war.“ Sie heirateten und bekamen noch einmal zwei Kinder.

Ihre Heimat El Salvador hat González nie wieder betreten. Als sich ihr Vater zur Hochzeit anmeldete, hat sie ihn an der Grenze abgeholt. Frisch verheiratet ging sie zum ersten Mal in die Schule. In der selben Klasse wie ihre älteste Tochter lernte sie lesen und schreiben. „Meine Kinder wissen, dass ich Prostituierte war“, sagt sie. Sie hat es ihnen erzählt, als Warnung, dass sie ihr Leben nicht wegwerfen. „Ich würde gerne eine Ausbildung als Krankenschwester machen, aber dazu bräuchte ich ein Stipendium“, sagt Jazmín González. Immerhin hat sie einen Job. Sie, die erst spät lesen und schreiben gelernt hat, arbeitet heute in einem Alphabetisierungsprogramm für Erwachsene und verdient damit knapp 45 Euro im Monat.

Jazmín González wohnt im Stadtviertel Caserío Jobo, unten am Grenzfluss Suchiate. Von ihrem Häuschen zum Ufer mit Blick hinüber nach Mexiko sind es nicht einmal hundert Meter. Manchmal geht sie dort spazieren. Auf die andere Seite will sie nicht mehr. Und schon gar nicht in die USA, in die sie vor zwanzig Jahren aufgebrochen und wo sie nie angekommen ist. Nicht Mexiko macht sie für das grausame Platzen ihres Traums vom besseren Leben verantwortlich, sondern die USA: „Die locken uns doch nur mit falschen Versprechungen“, sagt sie. „Ich würde höchstens hingehen, um eine Bombe zu legen.“ Sie lacht.

Ihre Heimat ist heute Tecún Umán. Sie ist Guatemaltekin geworden, mit legalen Papieren, aus tiefer Überzeugung: „Guatemala war gut zu mir.“

Cecibel Romero, 40, ist Salvadorianerin und noch nie illegal über eine Grenze gegangen

Toni Keppeler, 55, dagegen ist für eine Recherche schon mit Mojados durch einen Fluss gewatet