Schlag ins Wasser

GEFÄHRLICHES HAMBURG

Es sollte der polizeiliche Paukenschlag zu Jahresbeginn werden, eine Machtdemonstration an die Adresse der Hamburger linken Szene. Doch die Ausweisung eines Großteils der inneren City zum polizeilichen Gefahrengebiet, in dem verdachtsunabhängige Personenkontrollen mit Durchsuchungen und Beschlagnahmungen gefährlicher Gegenstände erlaubt sind, wurde ein großer Flop – Hamburg machte sich weltweit zum Gespött.

Der polizeiliche Ausnahmezustand in dem von 80.000 Menschen bewohnten Gebiet war offiziell als eine Reaktion auf Angriffe gegen Polizeibeamte deklariert worden. Im Vorfeld der großen Demonstration für den Erhalt der Roten Flora kurz vor Weihnachten waren Streifenwagen demoliert worden und auch die Großdemo mit 8.000 Teilnehmern endete mit heftigen Ausschreitungen, weil die Polizei den Protest nach wenigen Metern stoppte. Hinzu kam ein angeblicher „Überfall“ kurz vor Silvester auf das Kiez-Revier Davidwache, obwohl die Zeugenaussagen das nie hergegeben hatten. Ein Polizist war in einer Seitenstraße schwer verletzt worden.

Doch das Kalkül, dass die Menschen in den betroffenen Vierteln sich durch den Belagerungszustand einschüchtern lassen würden, ging vom ersten Tag an nicht auf. Allabendlich versammelten sich Hunderte zu spontanen Demos und provozierten wahnwitzige Überreaktionen der überforderten Polizei. Eine als Waffe beschlagnahmte Klobürste wurde zum Symbol des Protestes, bald waren alle Exemplare in den Geschäften ausverkauft. Das US-Konsulat warnte seine Bürger davor, die Gegend zu betreten, der Hotel- und Gaststättenverband beklagte Umsatzeinbußen und einen Imageschaden.

Nach nicht mal einer Woche ruderte die Polizei zurück und verwandelte das Gefahrengebiet zu drei kleinen „Gefahreninseln“ um Polizeireviere, die nach wenigen Tagen verschwanden. Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch räumte ein, dass die Aktion ein „Schlag ins Wasser“ war.  KVA