Streckenerweiterung im Blick

Hamburger Hochbahn will in ganz Deutschland verkehren. Mit dem australischen Investor Babcock & Brown holt sie sich einen finanzkräftigen Partner, um großflächig über den Norden hinaus expandieren zu können. Nächstes Ziel ist die S-Bahn Bremen

Die Hochbahn-Tochter Benex hält acht Beteiligungen im Schienen- und Busbereich vorwiegend in Norddeutschland: Metronom (Niedersachsen, 25,1 Prozent, 8,1 Millionen Zug- bzw. Bahnkilometer jährlich); Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft (ODEG, Meck-Pomm/Brandenburg/Sachsen, 50%, 7,3 Mio.); cantus (Nordhessen, 50%, 3,6 Mio.); NBE Nordbahn (Schleswig-Holstein, 50%, 0,6 Mio.); Kieler Verkehrsgesellschaft (18,35%, 8,7 Mio.); Stadtverkehr Lübeck (24,95%, 7,4 Mio.); Wiesbaden Bus (49%, 2,6 Mio.); Fulda Bus (100%, 1,8 Mio). Bei den Benex-Gesellschaften arbeiten 1.742 Menschen. Die Hochbahn selbst ist mit gut einer Million Fahrgästen pro Tag das zweitgrößte Nahverkehrsunternehmen Deutschlands und größter Anbieter im HVV. Sie beschäftigt 4.340 MitarbeiterInnen. In 13 Tochtergesellschaften in Hamburg arbeiten weitere 2.579 Menschen.  SMV

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Mit dem Geld des australischen Investors Babcock & Brown (B & B) will die Hamburger Hochbahn (HHA) künftig bei den ganz Großen im deutschen Nahverkehr mitmischen. Zunächst 25 und in den nächsten Jahren insgesamt etwa 90 Millionen Euro werden B & B für einen 49-prozentigen Anteil an der Hochbahn-Tochter Benex aufbringen. In dieser Holding mit einem Vorjahresumsatz von mehr als 215 Millionen Euro sind die Beteiligungen der zu 100 Prozent Hamburg gehörenden HHA an Verkehrsbetrieben außerhalb der Hansestadt gebündelt (siehe Kasten).

„Wir wollen expandieren, um zu überleben“, gab Vorstandschef Günter Elste gestern die Strategie für die nächsten beiden Jahrzehnte vor. Und dafür sei B & B, die weltweit in Infrastrukturprojekte wie Häfen und Logistik investieren, der ideale Partner, behauptete der Aufsichtsratschef und Hamburger Finanzsenator Michael Freytag (CDU). Denn in den nächsten Jahren gehe es mit der Marktöffnung im deutschen Nahverkehr erst richtig los, prophezeite Elste. Auch Jürgen Bufka, Deutschland-Chef von B & B, sieht „große Wachstumspotenziale in diesem Segment“.

So werden ab 2012 mehrere Strecken der Deutschen Bahn neu ausgeschrieben. Da gehe es um Größenordnungen „von 25 oder gar 30 Millionen Zugkilometern pro Jahr“, sagte Elste. Das wäre mehr als das Dreifache des Metronom-Netzes zwischen Bremen, Hamburg und Göttingen, aktuell die größte Benex-Strecke. „Und um in diesen Größenordnungen mitbieten zu können, brauchen wir mehr Eigenkapital“, sagt Freytag. Mit den Millionen von B & B sollen deshalb in den nächsten Jahren Investionen von mehr als einer halben Milliarde Euro in Bahn- und Busunternehmen „seriös finanziert“ werden, kündigte Elste an.

Der erste Kandidat, der übernommen werden soll, liegt nahe: In der laufenden Ausschreibung für die Regio-S-Bahn Bremen hat Benex ein Angebot abgegeben. Dort sollen ab 2010 vier Linien auf 270 Gleiskilometern etwa 1,1, Millionen Menschen in der Region Bremen/Oldenburg auf die Schienen locken. Eine passende Ergänzung zum Metronom, der am Bremer Hauptbahnhof endet, findet die Hochbahn.

Diese hochmodernen Doppelstockzüge – sie verkehren seit Ende 2003 auf den Strecken Hamburg-Bremen und Hamburg-Uelzen, seit zwei Jahren auch Uelzen-Hannover-Göttingen und ab Dezember 2007 von Hamburg nach Cuxhaven, Lüneburg und Tostedt – sind ein Erfolgsmodell. Gegenüber den Zeiten der Deutschen Bahn hat das Gemeinschaftsunternehmen von HHA, Niedersachsen-Bahn und Bremer Straßenbahn die Passagier- und vor allem Pendlerzahlen um glatte 50 Prozent gesteigert.

Und so soll es auch auf den Linien werden, die Benex sich künftig einverleiben will. „Wir werden uns viele Optionen anschauen“, sagte Bufka, der das operative Geschäft jedoch dem Partner HHA überlassen will. Der verstehe sich auf den Nahverkehr. „Wir wissen, wie man solide finanziert expandiert.“ Das sei die beste Voraussetzung für den Erfolg der Partnerschaft, die auf mindestens 15 Jahre angelegt ist. Ende 2022 ist der jetzt geschlossene Vertrag erstmals kündbar, das sei langfristig, verlässlich und seriös, findet Finanzsenator Freytag.

Nicht zuletzt deshalb, weil Benex selbstredend Gewinne machen soll. Babcock & Brown erwarten alljährlich eine „marktübliche“ Rendite, Hochbahn-Chef Elste ebenfalls und Freytag erst recht. Denn der HHA-Anteil fließt in den Nahverkehr in Hamburg und verringert damit die städtischen Zuschüsse. Zwar ist die Hochbahn mit einem Kostendeckungsgrad von 86 Prozent das einträglichste kommunale Verkehrsunternehmen Deutschlands, aber Finanzsenatoren freuen sich naturgemäß über jeden weiteren gesparten Euro.

Vor allem, wenn er in den Nachbarländern verdient und in Hamburg investiert wird.