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MAILFANTASIENKurosawa kommt

Prompt kam eine Mail von Akira Kurosawa

Die Fantasie kann einem die schönsten Erlebnisse bescheren. Nachdem ich einmal meine Wohnung an einen Mann untervermietet hatte, der eine schwere Depression mit viel Alkohol in meinen vier Wänden bekämpfte, bis die Feuerwehr mit einem Beil die Tür aufbrechen musste, bot ich jetzt wieder meine Wohnung an. Das tat ich auf einer Seite für Filmschaffende im Netz. Prompt kam eine Mail von Akira Kurosawa.

Hä? Akira Kurosawa ist ein vor allem für seine Samurai-Filme bekannter, bereits verstorbener japanischer Regisseur. Sein Geburtsjahr 1910 stand auch in der Mailadresse.

Dieser Akira Kurosawa bat um Fotos „of the interior and the exterior“ und die Adresse. Meine Fantasie ging durch wie ein erschrockenes Pferd. Weil ich das Geld brauche, schrieb ich mit mulmigem Gefühl zurück, schickte Fotos von den Zimmern und erkundigte mich, ob Akira ein Frauen- oder ein Männername und Kurosawa ein häufiger Name in Japan sei. Akira Kurosawa antwortete, meine Wohnung „looks lovely“ und „I’m a woman“. Doch das Filmkino in meinem Kopf war nicht zu stoppen. Lebte der berühmte Regisseur noch und hatte er sich einer postmortalen Geschlechtsumwandlung unterzogen? Würde er alle Mieter des Hauses mit einem Samuraischwert töten?

Einen Tag später rief Akira Kurosawa an. Sie hatte meine Skepsis gespürt und erzählte lachend, dass sie nicht jedem ihre Mailadresse mitteile. Wenige Stunden später kam sie vorbei, und wir verbrachten zwei sehr vergnügliche Stunden. Sie ist in Hongkong geboren, in Australien aufgewachsen und nach vielen Jahren in den USA mit ihrem Stuttgarter Ehemann, der in Hollywood mitmischt, nun in Berlin. Ihr Name ist Amelie, und die Mailadresse steht für ihre Bewunderung für den Regisseur Kurosawa. Wir haben uns sehr über unsere Fantasien amüsiert.

BARBARA BOLLWAHN

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