HAMBURGER SZENE VON REBECCA CLARE SANGER
: Großstadtluft, von weitem

„Oh Hamburg, ja Hamburg!“, selbst die Fliege unter der Theke sieht aus, als ob sie sich verflogen hätte, surrend über den Schüsseln aufgeschnittenen Eisbergsalates, blässlich grüner Tomaten, forscher Zwiebeln schwebend.

„Aber für Hamburg brauchst du ordentlich Geld!“, und der Mann hinter der Theke reibt sich die Finger einer Hand, mit der anderen unter die Theke greifend, die Fliege ist inzwischen im Saft der blassgrünen Tomaten hängen geblieben. Er habe ja hier in diesem Kaff bloß anfangen wollen, sich etwas zusammensparen und dann auf in die Hafenstadt. Aber: „Auf St. Pauli, da nehmen sie Schutzgeld, das ist nicht anders als anderswo in der Welt, überall ist korrupt, genauso wie in der Türkei.“

Schutzgeld auf St. Pauli? Um in Toiletten-angrenzenden Würstchenbuden, hinter vollgekotzten Bürgersteigen, in warzigen Büdchen Döner anzubieten? Wem bezahlt man denn dafür? Rumänenmädchenschmuggelnden Oberluden?

Hier, im Örtchen neben der Ostsee, gerade so weit weg, dass auch kein Ostseetourist sich her verirren kann, ist Hamburg am Ende des Regenbogens, zwei, drei Staus entfernt und doch unerreichbar. Die Fliege ist inzwischen geduldig aus der Tomatentunke gefischt worden und darf weiterfliegen, falls sie ihren Weg vom Fußboden, auf den sie geschnipst wurde, finden wird.