Die Spur der Fledermaus

betr.: „Schutz von nicht bedrohter Tierart“, taz vom 14. 8. 07

Nicht mal bedroht soll sie sein, die Kleine Hufeisennase, die einer behördlichen Dampfwalze namens Genehmigung zum Bau der Dresdner Waldschlösschenbrücke einen Zwangshalt zumutet. Zu dumm, wo es doch schon beim Bau der Autobahn nach Prag gelungen war, ihre bedeutendsten sächsischen Habitate im Osterzgebirge ohne öffentliches Aufsehen zu zerstückeln. Vielleicht waren dort die Gefälligkeitsgutachter besser bezahlt.

Es ist ein gutes Zeichen, dass inzwischen wenigstens gelegentlich der Schutz von Biotopen, symbolisiert durch bedrohte Tier- oder Pflanzenarten, ins öffentliche Bewusstsein dringt. Viel zu lange schon ist dem Lebensrecht unserer Mitgeschöpfe Scheibchen um Scheibchen bei Bau- und Entwicklungsvorhaben die Grundlage entzogen worden. Dass es bei den Versuchen, den Bau des Dresdner Brückenmonsters zu verhindern, nicht wirklich um Mitlebewesen wie die Kleine Hufeisennase geht, ist offensichtlich.

Derweil lässt sie sich noch beobachten, „…Wie vor sich selbst / erschreckt durchzuckt’s die Luft, wie wenn ein Sprung / durch eine Tasse geht. So reißt die Spur / der Fledermaus durch’s Porzellan des Abends“ (Rainer Maria Rilke, „Die Achte Duineser Elegie“).

Der Erhalt des Welterbestatus hilft auch dem symbolträchtigen Flattertier. Schon möglich, dass es sich deswegen in die Bresche geworfen hat, als schon alles gelaufen schien.

WOLFGANG GERSTER, Braunfels