lucien favre
: Der Langfristige

Gut, dass es so etwas wie Stadionmagazine gibt. Als Medium der Selbstdarstellung eignen sich die Heftchen hervorragend. Sie dienen auch dazu, Meldungen der freien Sportpresse zu korrigieren. In Berlin heißt das dicke, bunte Kleinformat Wir Herthaner, und Trainer Lucien Favre, 50, durfte anlässlich des Spiels gegen Meister Stuttgart im „Vorwort“ verkünden, wie sehr ihm Hertha am Herzen liegt.

Nein, es habe kein Zaudern seinerseits gegeben, nie habe er, der Neue, ans Aufhören gedacht. „Das ist Unsinn, ich habe dies nicht getan!“, ließ der Schweizer in der Postille verbreiten. Dass es einen Journalisten aus der Schweiz gibt, der das Gegenteil am Telefon vernommen hat, war den Redakteuren des Magazins egal. Auch Favre ist es schnurz. Das Missverständnis erklärt er mit landestypischen Eigenheiten. Er habe lernen müssen, „dass man in Deutschland manche Dinge anscheinend öfter sagen muss, damit sie endlich für bare Münze genommen werden.“ Er sei ein Typ für das langfristige Investment. Vier Jahre hat er beim FC Zürich verlebt, vier in Echallens und auch deren vier in Yverdon. Kommen also auch vier Jahre auf Hertha BSC zu? „Ich lege meine Arbeit bei Hertha so an, als wenn ich zehn Jahre hier sein würde“, sagt Favre. Meister will er in dieser Dekade werden. Nach dem Spiel gegen den VfB, das die Berliner recht glücklich und durch eine Kraftanstrengung in der zweiten Halbzeit mit 3:1 gewannen, könnte Favre glatt zwanzig Jahre in der Hauptstadt bleiben, denn seine Mannschaft, allerorten als „Rumpfteam“ bezeichnet, schlug sich trotz düsterer Prognosen der Expertenschaft ziemlich gut.

Ist das womöglich auf sein neues System zurückzuführen, das er den Spielern übergestülpt hat. „Nein“, sagte der frankophone Schweizer und gab dann diverse älplerische Knack- und Zischlaute von sich, „ich habe alle Systeme spielen lassen, die man als Trainer spielen lässt.“ Derzeit spielt Hertha im 4-4-2-System, was gewöhnlich ist, doch liegt der besondere Kniff des Trainers in der Instruktion seiner Fachkräfte. Er redet ausführlich mit ihnen über ihre Rolle in diesem System. „Nachhaltigkeit“ nennt Lucien Favre sein Gesamtkonzept. Drei Punkte hat es schon mal gebracht. MARKUS VÖLKER