DIE KONSOLE
: Selbstheilung

Ich meine, leichte Enttäuschung zu bemerken

Die Vectrex ist eine Kuriosität der Videospielgeschichte: Die Spielkonsole vom 1982 sieht aus wie ein auf die Seite gekippter Röhrenfernseher. Obwohl sie simple 3-D-Spiele bot, was damals unglaublich avanciert war, wurde sie Opfer der Krise der Videospielindustrie dieser Jahre. Jahrelang wurden die komischen Kisten für einen Appel und ein Ei verkauft.

Meine Vectrex habe ich Mitte der 90er Jahre beim damals ganz neuen Ebay ersteigert, und seither steht sie in einem Regal mit anderen elektronischen Obskuritäten, unter anderem einem Stylophone und einem Mini-Synthesizer von Casio.

Ab und zu spielen die Kinder eine Runde „Asteroids“ auf dem Ding, doch beim letzten Mal war nach dem Anschalten nur ein vertikaler Strich aus Licht auf dem Monitor zu sehen, der stark an Nam June Paiks minimalistische Fernsehskulptur „Zen for TV“ erinnerte. Hurra, endlich ein Grund, mal bei einem Repair-Café vorbeizuschauen. Lasst mich die „Kultur der Reparatur“ pflegen, statt konsumtrottelig eine neue Xbox zu kaufen. Geplante Obsoleszenz, wo ist dein Stachel?

Im Café Grenzlos in Treptow sitzen am Freitagnachmittag vier extrem nette Technikbastler um einen Tisch voll mit Werkzeug und können es offensichtlich kaum erwarten, irgendwas aufzuschrauben und heil zu machen. Ich bin der erste und einzige Kunde. Pflichtbewusst wird meine Konsole bewundert. Als ich sie anschalte, funktioniert sie einwandfrei. Muss an der freundlichen Atmosphäre liegen. Ich meine, leichte Enttäuschung zu bemerken, dass hier nix zu tun ist.

Ich trinke einen Kaffee mit den Hackern. Wir plaudern, ich werfe zum Abschied Geld in die Spendenbüchse und radle bester Laune nach Hause. Kurz erwäge ich, mein Smartphone auf den Asphalt fallen zu lassen, damit die Leute im Repair-Café endlich was zum Reparieren haben.TILMAN BAUMGÄRTEL