„Wichtig ist das Virus-Potenzial“

Das Hamburger Bitfilm-Festival präsentiert ausschließlich digital animierte Filme, über die das Publikum im Internet abstimmt. Mit einem „typischen“ Filmfest hat das nichts mehr zu tun, sagt der künstlerische Leiter des Festivals Moritz Hirchenhain

Moritz Hirchenhain, 28, ist seit 2003 künstlerischer Leiter und Programmkurator beim Bitfilm-Festival. Er hat sich auf auf 3-D-Animation und Machinima-Filme spezialisiert.

taz: Herr Hirchenhain, das Bitfilm-Festival findet hauptsächlich im Internet statt. Warum gibt es trotzdem noch Veranstaltungen am Hamburger Spielbudenplatz?

Moritz Hirchenhain: Diese Frage ist auch für uns ein wunder Punkt. Eigentlich hat ein Festival vor Ort keine Berechtigung, weil die Filme online anzusehen sind und man nur im Internet für seinen Favoriten abstimmen kann. Aber es geht um das Erlebnis. Sich kennen zu lernen und zu treffen. Und Filme wirken auf einer großen Leinwand einfach besser als auf einem kleinen Bildschirm.

Sie haben für den Wettbewerb auch Werbespots nominiert. Wird man als künstlerisches Festival noch ernst genommen, wenn da Werbung gezeigt wird?

Von diesem Konflikt haben wir noch nichts gemerkt. Werbespots waren schon immer auch Avantgarde. Wir machen beim Bitfilm-Festival keinen Unterschied zwischen Hochkultur und Low-Budget. Außerdem verstehen wir uns auch nicht als „typisches“ Filmfestival. Wir zeigen die Filme ja nicht mal im Kino, sondern im Internet und vor Ort auf dem Hamburger Spielbudenplatz auf einer Leinwand im Freien.

Welche Filme werden dort laufen?

Es werden nur digital animierte Filme gezeigt. Also 3-D-Filme, Flash-Movies und vieles mehr. Digitale Technik als kreatives Werkzeug steht dabei im Vordergrund. Es soll mit neuen Techniken und Medien experimentiert werden. Trotzdem geht es uns nicht nur um die digitale Animation, sondern auch um das emotionale Moment des Films.

Und es werden verschiedene Preise ausgelobt. Wie funktioniert das Abstimmungsverfahren?

Die Filme werden von internationalen Künstlern bei uns eingeschickt. Ein Sichtungsteam sucht die besten Filme heraus und stellt die ins Internet. Diese Filme sind dann bei Google, bei Youtube und auf vielen anderen Websites zu sehen, doch nur auf unserer Seite kann abgestimmt werden. Entscheidend sind dann sowohl die Votes, als auch die Klicks im Internet.

Ein Film hat also bessere Gewinnchancen wenn er etwa Dank eines provokanten Titels öfter angeklickt wird?

Theoretisch ja. Wichtiger als ein provokanter Titel aber ist erfolgreiches „Virus-Marketing“, also wie sich ein Film im Internet verbreitet. Es ist uns wichtig, dass wir mit den neuen Technologien spielen, deswegen geht das „Virus-Potenzial“ mit in die Wertung ein. Trotzdem setzen sich die Filme mit den meisten Stimmen gegen die, die am meisten angeklickt wurden durch.

Gewinnen erfahrungsgemäß eher die hochwertig produzierten Filme?

Nein. Noch nie hat ein Film mit einem großen Budget gewonnen. Das Publikum entscheidet sich da eher für kleinere Produktionen und wir sind immer sehr begeistert von der Publikumsentscheidung. Deswegen fangen wir auch nicht an, uns eine Jury zu suchen.

Interview: Annika Stenzel

Das Bitfilm-Festival findet vom 30. August bis 1. September am Hamburger Spielbuden-Platz und im Internet unter www.bitfilm-festival.org statt