„Der Stimme sehr nah“

BLASMUSIK Die Norddeutschen Klarinettentage zeigen die Bandbreite eines Instruments

■ 42, Professor für Klarinette und Kammermusik an der Bremer Hochschule für Musik und künstlerischer Leiter der Norddeutschen Klarinettentage.

taz: Herr Thomas, vor knapp elf Jahren gründeten Sie die Klarinettentage, um anderen das Instrument näherzubringen. Ist der Versuch gelungen?

Marco Thomas: Es ist sehr gelungen. Die Teilnehmerzahlen der Workshops, aber auch die Publikumszahlen bei den Konzerten sind immer gestiegen.

Was erwartet das Publikum – eher Weber, Klezmer oder gar John Zorn?

Die ganze Vielfalt der Klarinette: Klezmer haben wir dabei – aber auch Jazz und Swing. In der Classic Lounge haben wir dieses Jahr ein ungarisches Programm, wo Joszef Balogh Tárogató spielt, eine ungarische Abwandlung der Klarinette.

Muss man das Instrument schon beherrschen, um teilzunehmen?

Die Klarinettentage sind eigentlich für alle da: vom Musikschüler bis zum Laien, der mit 50 oder 60 feststellt, dass er dieses Instrument spielen möchte. Man sollte aber schon Töne aus ihr herausbringen. Vielleicht könnte man aber im nächsten Jahr einen Schnupperkurs anbieten.

In der populären Musik hört man Klarinetten fast nie, warum?

In der Popmusik hört man ja überhaupt selten klassische Instrumente. Crossover-Projekte unterlegen oftmals etwas mit Streichern. Bei Sting hört man gerne mal eine Oboe, bei Jethro Tull eine Flöte. Aber in Unplugged-Programmen tauchen sie auf, weil sie da auch zu hören sind.

Ist die Klarinette eine Art Brücke zwischen klassischer Musik, Balkan-Folk, Klezmer, Jazz und Avantgarde?

Ja, das ist sehr schön ausgedrückt. Sie ist ein Volksinstrument und wird gerade in osteuropäischen Ländern in der Volksmusik benutzt, aber auch in Mitteleuropa in der Blasmusik. Sie kommt der menschlichen Stimme sehr nah und man kann auf ihr alle möglichen Empfindungen sehr stark ausdrücken.

Ist das das Geheimnis, warum sie viele in ihren Bann zieht?

Ja. Sie reicht von hohen zu tiefen Tönen und spielt fast über vier Oktaven. Das ist für ein Instrument fast einzigartig.

Als Professor für Klarinette haben Sie sicher einen guten Überblick, wer zu diesem Instrument kommt.

Bei jedem ist das anders: Der eine hat das Instrument bei einem Konzert gehört und sich in den Klang verliebt, der andere kommt vielleicht aus einem musischen Elternhaus.

Wie war es denn bei Ihnen?

In meiner Familie bin ich schon die vierte Generation, mittlerweile spielt man Sohn auch. Aber nicht, weil er es muss, sondern weil er es will. Das sind über einhundert Jahre Klarinettengeschichte und es gibt sie ja erst seit knapp 300 Jahren.

INTERVIEW: LKA

Norddeutsche Klarinettentage: 2. 1. bis 5. 1., das Programm und weitere Informationen unter www.klarinettentage.com