„Die Araber sind fisch-affin“

Die Fisch-Schnellrestaurant-Kette „Nordsee“ will 150 Lokale im Mittleren Osten eröffnen, um die dort stark wachsende Kaufkraft abzuschöpfen. Von Rollmöpsen und Bismarck-Heringen soll die Kundschaft verschont bleiben

Christof Becker, 44, ist als Geschäftsführer für Verkauf und Marketing bei der Fischrestaurantkette „Nordsee“ zuständig. FOTO: NORDSEE

INTERVIEW: GERNOT KNÖDLER

taz: Herr Becker, ihr Unternehmen will in den Mittleren Osten expandieren. Wird die „Nordsee“ zum Fisch-Mc Donald’s?

Christof Becker: „Nordsee“ und Mc Donald’s sind nicht vergleichbar. Mc Donald’s verkauft Burger – wir Fisch. Für uns ist es sehr wichtig, unseren Kunden eine maritime Atmosphäre zu bieten, in der sie sich wohl fühlen. Um zügig weiter zu wachsen, müssen wir aus Deutschland heraus in die prosperierenden Länder expandieren. Wir haben in Deutschland mehr als 360 Filialen, in Österreich 50 und sind damit fast an der Wachstumsgrenze mit unserem bestehenden Konzept angelangt.

Warum machen Sie gleich den Sprung nach Arabien?

Wir sind angesprochen worden. Araber sind sehr reisefreudige Leute und haben die „Nordsee“ auf Flughäfen gesehen. Den Leuten hat das Konzept gefallen. Sie haben sich in verschiedenen Großstädten Deutschlands Gastro-Konzepte angeschaut und festgestellt, dass unser Fisch-Konzept ganz hervorragend in die Food Courts der großen Einkaufszentren passt, die im Mittleren Osten entstanden sind.

Wollten Ihre Partner speziell etwas mit Fisch haben?

Genau das ist der Punkt. Wir sind in Europa Nummer eins in Sachen Fisch. Sie finden im Bereich Fisch am schwierigsten jemanden, der in der Lage ist, ein System zu führen. Sie finden Burger-Systeme, Pizza-Systeme, Sandwich-Coffeeshop-Systeme – es ist alles mannigfaltig auf dem Markt. Aber wenn Sie ein großes Fisch-System suchen, bleibt nur die „Nordsee“.

Und die Araber sind besonders erpicht auf Fisch?

Die Araber sind fisch-affin. Ohnehin steigt die Nachfrage nach Fisch, insbesondere mit der Kaufkraft. Das sehen wir auch in Osteuropa. Fisch ist ein Produkt, das nicht nur gut schmeckt, sondern auch gesund ist. Er ist zumindest gesünder als so manche fette Fleischprodukte. In Arabien scheidet Schweinefleisch ohnehin aus. Fisch hat da traditionell eine sehr hohe Akzeptanz.

Gleichzeitig wird Fisch immer knapper. Greenpeace und der WWF haben Fischführer herausgegeben, auf denen steht, welche Fischarten man nicht essen sollte. Muss man da das Angebot noch vergrößern?

Fisch ist nun mal unser Geschäft. Mit Fisch verdienen viele Menschen auf der Welt ihren Lebensunterhalt. Wenn man die Meere zwei Jahre lang in Ruhe ließe, würde so mancher Industriezweig zusammenbrechen. Sie müssen an die vielen Fischstäbchen denken, die produziert werden, an die vielen Trawler und auch an die Krabbenfischer an der Nordsee.

Die Gefahr ist ja gerade, dass die Bestände zusammenbrechen, wenn der Fang so weitergeht und dann auf lange Sicht keiner mehr Arbeit hat.

Derjenige, der seinen Fisch essen will, wird das tun, ob der von der „Nordsee“ kommt oder sonst wo her. Es ist besser, der Fisch kommt von der „Nordsee“. Denn wir verarbeiten nur Fisch aus quotenkontrolliertem Fang.

Die Quoten sind gesetzlich vorgeschrieben.

Die Bremerhavener „Nordsee Fisch-Spezialitäten GmbH“ will in den kommenden fünf Jahren 150 Lizenzen für Fisch-Schnellrestaurants mit dem Namen „Nordsee“ im Mittleren Osten vergeben. In Europa ist das Unternehmen bereits an mehr als 400 Standorten präsent, hauptsächlich in Deutschland. Im vergangenen Jahr erwirtschafteten 6.000 Mitarbeiter einen Umsatz von 360 Millionen Euro. Seit 2005 gehört das Unternehmen zum größten Teil dem ehemaligen Großbäcker Heiner Kamps. Der Unternehmer will es zur Keimzelle eines großen Lebensmittelkonzerns mit 1,5 Milliarden Euro Umsatz machen. Kürzlich hat er deshalb die Feinkost-Firma Homann gekauft. Homann machte mit seinen Salaten und Soßen im vergangenen Jahr 300 Millionen Euro Umsatz. Von der Zusammenarbeit beider Firmen erhofft sich Kamps einen Synergieeffekt. KNÖ

Wir orientieren uns zudem an den roten Listen, die von den Umweltorganisationen herausgegeben werden. Unser Fisch wird aus gesicherten Beständen gefangen, die zum Teil vom Marine Stewardship Council zertifiziert sind. Deswegen werden Sie bei uns keine Hai-Produkte finden und auch nicht den Dorsch.

Werde ich im Mittleren Osten Rollmöpse bekommen?

Sie können davon ausgehen, dass das nicht der Fall sein wird. Wir werden 80 Prozent unseres regulären Sortiments anbieten. Gerade sind wir dabei, es anzupassen, weil der Geschmack der Menschen dort in Nuancen anders ist. Es wird keine Rollmöpse und keine Bismarck-Heringe geben aber alle Sorten von Backfisch, Grillfisch, gedünstetem Fisch. Selbstverständlich werden wir auch unseren Kartoffelsalat anbieten – aber ohne Schweinespeck.

Woher wird der Fisch kommen, den Sie dort anbieten?

Wir starten mit dem Fisch, den wir auch hier anbieten, Fisch, der von unseren Zulieferern zertifiziert ist. Wir haben unsere Qualitätsspezifika, unsere Kalibrierungen, unsere Fischfilets, die in einer bestimmten Größe zurechtgeschnitten sind, damit jedes Gericht den gleichen Anteil Fisch hat. Es kann aber sein, dass wir später ein, zwei Sorten von vor Ort ins Sortiment nehmen.