DER NATURSNACK
: Ware Mensch

Im Einkaufswagen wimmelt es von Biotoast, Biolachs, Biosekt

Letztes Jahr, letzte Einkäufe tätigen bei Edeka Fiebig, Kottbusser Damm. Der Mark besticht durch ein extrem engmaschig platziertes Sortiment des alltäglichen Bedarfs. Der Kunde fällt hier nicht weiter auf, weil alles so vollgestellt ist. Packte also ein Kunde einen anderen in den Einkaufswagen und wollte ihn dann bezahlen: Sicher erst an der Kasse würde das Versehen auffallen – und auch nur, weil kein Strichcode für die Ware Mensch existiert. Jedenfalls nicht bei Edeka am Kottbusser Damm.

Im eigenen Wagen ist momentan für derlei Gedankenspiele kein Platz; es wimmelt von Biotoast, Biolachs und Biosekt. Bioböller fehlen, weil 2014 noch nicht erfunden. Dafür darf es am Angebotswühltisch ein „Natursnack“ Geschmacksrichtung „Großschuppen Eidechsenfisch“ zu 99 Cents sein, und nur der etwas mitgenommen dreinschauende Hausfreund verhindert den Kauf eines „Tischfußballsets“ der Lieblingsallerleifirma Wenco. Weiter, immer weiter mit den Hamsterkäufen! Als Trost für die vereitelte Kickerbande schleppt der Hausfreund einen Goldbären mit Herz am Band an. Der Bär gehört zum längst gelaufenen Weihnachtsgeschäft und notiert mit 50 Prozent Rabatt.

Nach den Besorgungen ist Bares fast alle, und es wird eine Bank Ecke Sanderstraße angesteuert. Wie von Geisterhand öffnet sich die Tür; die Geisterhand teilen sich zwei Lakaien alias zwei Männer, die eigentlich in ihren besten Jahren sein sollten. An diesem Silvestertag haben sie ihr Hab und Gut hinter einem Kontoauszugsdrucker deponiert. Es handelt sich um einen schlafenden, wolligen Pudel auf einer Babydecke, mehrere Biere und zwei prall bepackte orangefarbene Tüten mit dem jäh imaginierten Aufdruck: „Ich als Haus würde ihnen Hornbach empfehlen“. Mit einer angenehm korrekten Kopfbewegung nicken die Lakaien eine nachfolgende Spende von je einem Euro ab. Tonlos.

HARRIET WOLFF