Bericht-Bestattung

Dem slowakischen Sender STV laufen die Redakteure davon – sie sollen den Präsidenten unkritisch darstellen

Es brodelt im slowakischen Fernsehen: Dem öffentlich-rechtlichen Sender STV laufen die Mitarbeiter weg, in den letzten Wochen rund ein Drittel der Nachrichtenredaktion. Als Grund für die Kündigungswelle gilt der politische Druck, der seit Ernennung des neuen Generalintendanten Radim Hreha guten Journalismus fast unmöglich mache.

Seine Vision von STV hat Hreha vor kurzem kundgetan: „Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing“, erklärte der 54-Jährige. Und er isst das Brot von Ministerpräsident Robert Fico: Das Öffentlich-Rechtliche wurde nie restrukturalisiert, es ist chronisch verschuldet und noch immer auf den Staatshaushalt angewiesen.

Fico streichelt Waisen

Und so wurde den Redakteuren zugetragen, in den Nachrichten seien fröhliche, kritiklose Beiträge über Ministerpräsidenten Fico, Präsident Gasparovic oder deren Minister erwünscht: Fico, wie er mit Arbeitern den Ersten Mai feiert. Fico, wie er Waisen übers Haupt streicht. Fico, wie er zu seiner Partei Smer spricht. Zur Abwechslung Präsident Gasparovic, wie er in einem Dorf einen Kranz niederlegt. Viele RedakteurInnen betrachteten diese Vorgaben als zu große Einschränkung – und gingen.

Der slowakische Journalistenverband SAN kritisiert, es sei doch überraschend, dass STV acht Monate nach Antritt des neuen Intendanten noch keine Finanzierungspläne habe. „Absolut inkompetent“ sei Intendant Hreha, schimpft Peter Duhan, Chef des tschechischen Nachrichtensenders Cro6 und Kenner der slowakischen Medienszene. Hreha sei weder Journalist noch vertraut mit öffentlich-rechtlichen Medien – seinen Aufstieg habe er dem Wohlwollen der Regierung zu verdanken.

„Man versucht eine bestimmte politische Linie durchzudrücken, die Regierungspartei Smer in ein wohlwollendes Licht zu rücken“, sagt Duhan. „Sachliche Analysen mit kritischem Unterton haben keine Chance.“ Nicht ausgestrahlt wurde zum Beispiel ein Beitrag darüber, dass der Neffe des Justizministers von der Regierung zum Chef des Grundbuchamts im ostslowakischen Kežmark ernannt wurde. Vetternwirtschaft passt nicht zum Image vom Kuschelkabinett.

Dabei ist Robert Fico auf dieses Image eigentlich gar nicht angewiesen. Obwohl der Regierungschef über keine Form von medialem Rückhalt verfügt, ist er seit Jahren der beliebteste Politiker des Landes. Er steht für sozialen Populismus und slowakischen Nationalismus. Das kommt zwischen Donau und Hoher Tatra gut an.

Über der Medienkritik an seiner Person zu stehen, hat Fico jedoch nie geschafft. Journalisten tut er gerne als „Hyänen“ ab, die nur da seien, ihn zu „schikanieren“. Dass er die öffentlich-rechtlichen Medien, Fernsehen, Rundfunk und die Nachrichtenagentur TASR gerne zu einem staatlichen Medienkoloss vereinigen würde, ist kein Geheimnis.

STV indes bleibt weiter staatlich finanziert und uneinsichtig geführt. Intendant Radim Hreha und sein Chefredakteur Jan Smihula ignorieren die Kündigungswelle als „reines Kommunikationsproblem“ und weisen Kritik von sich. Nach einem eiligst einberufenen Auswahlverfahren haben sie inzwischen schon neue Redakteure eingestellt. SASCHA MOSTýN